Hier weht ein anderer, fast mediteraner Wind, der schliesslich in den
unzàhligen Surfsegeln hàngen bleibt. Nebst italienisch wird hier ziemlich
gut deutsch gesprochen...
Ich habe mich wahnsinnig auf eine "normale" Strasse gefreut, auf ein auto,
auf einen Supermarkt, auch darauf, Leute in normalen Schuhen zu sehen,
vielleicht sogar darauf, mit meinen eigenen Schuhen an einem Kaugummi kleben
zu bleiben. Denn in den letzten knapp zwei Wochen gab es all das nicht.
Dafur gab es Berge und Pàsse, Schluchten, Steine und Schnee, Steinbòcke und
Murmeltiere und vor allem klares, kaltes Wasser.
So habe ich denn die Orobien, so wird die voralpine Bergkette zwischen Como
und Garda genannt, fast in der gesamten Lànge von West nach Ost
durchwandert. Mit diesen Hòhenmetern wàre ich wohl zwei mal den Mount Everst
hinauf gestiegen. Oft uebernachtetet ich an wunderschònen Orten im Zelt.
Spèàtestens in der zweiten Nacht wusste ich, dass ich die langen, wollenen
Unterhosen anziehen muss und sie nicht als Kopfkissen gebrauchen soll.
Einige Male nàchtigte ich auch in einer der zahlreichen Refugios. Dies sind
meistens liebenswerte Berghuetten, gefuehrt von ueberzeugten Alpinisten, die
mein Projekt dann auch entsprechend wuerdigten...
Einzelne Wegstuecke konnte ich zusammen mit anderen Wanderer zuruecklegen,
irgendwann einmal stiegen aber alle wieder talwàrts und ich blieb oben...So
ging es und ging ich bis es schliesslich nicht mehr ging. Gestern war ich am
Lago d'Idro auf 200 Meter. Nachdem ich am Morgen einen verdammt steilen
Tobel fast 1000 Hòhenmeter hochgestiegen war, bemerkte ich, dass ich mich
auf der komplett falschen Talseite befand und in eine "Sackgasse" geraten
war. Ich musste alles wieder hinunter steigen und mein rechtes Bein, das
sich bereits seit Tagen fuer etwas Ruhe einsetzt, liess es nicht zu,
denselben Berg nochmals hoch zu steigen. So fuhr ich die letzten 30 km nach
Garda mit dem Bus. Fuer diese Strecke benoetigte ich genau 3 Stunden...
nicht viel schneller als zu Fuss. Morgen kommt mein Freund Heinrich aus
Deutschland nach Garda kommt. Er wird ein paar Tage mitwandern.
Am Suedende des Sees neigen sich die Berge langsam dem Horizont entgegen; es
wird flach. Fuer mich ein angenehmes Gefuehl. Und wenn ich die Nase etwas in
die Hoehe strecke, glaube ich bereits eine leichte Meeresbriese einzuatmen.
Noch.... Wochen bis Triest?!
Wege;
Sie sind meistens markiet, rot-weiss vom Club Alpino Italiano, weiss-gelb
diejenigen des Monsignore Antonioli. Manche stammen aus dem 1. Weltkrieg und
waren dazu da, die zweite Front zu verteidigen. Welche Mànner haben damals
diese so perfekt gepflasterten Wege und Treppen in die steilen Berghànge
gebaut?
Heute stuerzen diese Treppen manchmal ein, Moos ueberwuchert die dicken
Mauern der Bergfestungen., wo wàhrend des 1. Weltkrieges kein Schuss
gefallen sein soll.
Manche Wege sind schwer zu finden. Diese die keinem Berghang folgen zum
Beispiel. Sie schlàngeln sich scheinbar willkuerlich durch die Gegend. Diese
auch, die kein heruntergetretenes Gras verràdt. All diese gehòren zu den
Wegen, die schwer zu finden sind. Manchmal wuenschte ich mir, mehr Leute
wàren vor mir diese Wege gegangen, so hàtte ich besser sehen kònnen wo sie
durch gehen, hàtte mir nicht die Augen aus dem Kopf schauen muessen,
irgendwo an einem Stein die weiss-gelbe Markierung zu finden.
Schliesslich bin ich aber froh, dass es auch solche halb-begangene Wege
gibt. Sie lassen einen Freiraum und man fuehlt sich noch auf dem Weg, wenn
man ihn schon làngst verlassen hat.