Samstag, 30. Januar 2010

Der Ungare in Sarajevo

Ich weiss nicht ob ich ihn nochmals sehen werde. Ich weiss zwar wo er wohnt und ich stand auch bereits in der Hoffnung ihn zu treffen vor seinem Haus. Irgend etwas hielt mich aber immer davon ab, dort anzuklopfen. Wir sind uns bisher nur über den Weg gelaufen und dabei möchte ich es auch belassen. Ich hoffe, dass wir uns nochmals über den Weg laufen werden.

Es ist für mich aber auch vorstellbar, dass wir uns nie mehr sehen werden. Ja dass dieser Ungare gar nicht mehr in Sarajevo lebt, dass er sich wieder auf den Weg gemacht hat um anderswo sein Glück zu suchen und vielleicht noch eine weitere Sprache zu lernen; zu den zehn Sprachen, die er bereits fliessend spricht.

Ich weiss wenig von ihm, nicht einmal seinen Namen kenne ich. Er hat ihn mir zwei Mal gesagt. Aber es ist ein ungarischer Name und ungarische Namen sind wie ungarische Wörter; sehr lang und für einen nicht Ungaren schwer auszusprechen.
Ich weiss wenig von ihm aber ich wüsste gerne mehr. Ja, ich gebe es zu, ich möchte mehr über das Leben dieses Ungaren wissen. Möchte wissen weshalb er zehn Sprachen fliessend spricht, weshalb er als Lockvogel der Konoba „Kod Keme“ so entertainermässig auf einen einsprechen kann. Sein Gesicht ist dann ein einziges Strahlen, seine kleinen Augen funkeln, sinken jedoch in dem Moment, wenn er sich unbeobachtet fühlt, wieder in eine Tiefe Traurigkeit hinab. Ein Ort an dem sie zu Hause sind, wie ich nun zu wissen glaube.

Auf der Strasse vor der Konoba „Kod Keme“ sind Nataša und ich ihm zum ersten Mal begegnet. Er sprach uns auf englisch an, wollte wissen ob wir hungrig seien und zeigte uns die schlechte Menukarte des Restaurants. Sofort kam die Frage nach unserer Sprache. Als er erfuhr dass ich aus der Schweiz komme, sprach er zuerst französisch und dann, nachdem ich ihm gesagt hatte, dass ich aus Bern sei, auf deutsch. Mit Natasa sprach er slovenisch und wechselte im selben Satz auf ungarisch, weil sie ihm erklärte, dass sie nahe der ungarischen Grenze gelebt habe.
Sein Charme brachte uns dazu, bei „Kod Keme“ ein Bier zu trinken. Unter der ständigen Beobachtung des Chefs unterhielten wir uns dort noch eine Weile. So erfuhren wir eben dass er Ungare sei, in Skopje aufgewachsen war, einige Jahre in Wien gelebt und zur Zeit Jugoslawiens in einer der damals berühmtesten Rockbands gespielt hatte. Als wolle er seine Aussage unter Beweis stellen, nahm er eine Gitarre, die in einer Ecke des Restaurants gestanden hatte und begann den Song „Wild Thing“ zu spielen. Der Chef verschränkte die Arme vor seinem dicken Bauch und lächelte gezwungen. Nach dieser kleinen Darbietung stellte er die Gitarre wieder in die Ecke, verabschiedete sich von uns und verliess das Restuarant.

Zum zweiten Mal begegnete ich ihm beinahe zwei Monate später.
Es war am Neujahrstag; ein windiger Tag und es war vorauszusehen, dass er nicht ohne Regen bleiben würde. Ich wollte auf den Trebevič steigen, nahm jedoch nicht den direkten Weg aus der Stadt hinaus und lief deshalb ganz zufällig ans Restaurant „Babin“ heran, welches zu meinem Erstaunen am Vormittag des Neujahrstages bereits geöffnet hatte. Das Restauant „Babin“ liegt am oberen Stadtende und von der Terrasse aus hat man einen fantastischen Blick auf das alte sowie auch auf das neue Sarajevo.
Obwohl sich die Wolken verräterisch schnell zusammen zogen, entschloss ich mich, auf der Terrasse einen Kaffee zu trinken. In dem Moment als ich meinen Kaffee serviert bekam, sah ich unseren Ungaren, wie er sich torkelnden Schrittes dem Restaurant näherte. Trotz des kühlen Wetters war er nur spärlich gekleidet, trug eine schmutzige Jeanshose und Lederhalbschuhe ohne Schnürsenkel, was sie wie Finken aussehen liessen. Ich stand auf und ging auf ihn zu. Er hielt inne, schaute mich zuerst fragend an, doch als ich ihm erkärte woher wir uns kennen, hellte sich sein Gesicht auf. Lachend legte er die Arme um meine Schultern. Auf meine Frage, ob er mit mir einen Kaffee trinken wolle, meinte er, einen Kaffee nicht aber ein Bier. Auf Grund des immer stärker werdenden Windes entschlossen wir uns ins Restaurant rein zu gehen. Doch mein Ungare sollte sein Bier nicht so leicht bekommen. Der Oberkellner weigerte sich zuerst standhaft ihm ein solches zu geben. Es schien mir als hätte der Ungare im „Babin“ eine Art Hausverbot. Nachdem er ein Fünfmark-Stück theatralisch zu Boden geschmissen hatte, entschloss sich der Kellner, wahrscheinlich in weiser Voraussicht, dem Ungare sein Bier trotzdem zu geben. Dieser konnte nun nicht damit aufhören von der Ignoranz der Bosnier zu sprechen. Auf gut wienerisch verfluchte er dieses Land. Manchmal rutschte ihm auch ein englisches „I will fuck them all“ über die Lippen. Unser Gespräch war nur kurz, er schien es eilig zu haben, und beschränkte sich auf nichts anders als die „bosnische Ignoranz“, die ich zu ergründen suchte. Bald musste er wohl wieder, betrunken wie er noch war, bei „Kod Keme“ antraben. Doch zuvor sollte anscheinend noch etwas erledigt werden. Er bat mich mit ihm nach Hause zu kommen, denn er wolle mir dort eine Überraschung zeigen. Mir wäre es lieber gewesen, wir hätten uns bei einer anderen Gelegenheit wieder getroffen, wenn er ausgeschlafen und nüchtern wäre. Doch mein Ungare liess sich von seinem Vorhaben, mir seinen Wohnort zu zeigen, nicht abbringen.

Es stellte sich heraus, dass sein Haus direkt neben dem „Babin“ steht. Ein grosser erdiger Vorplatz gibt dem ganzen etwas ländliches und wären nicht all die Häuser ringsherum, man würde nicht denken dass man hier in Sarajevo sei. Das Haus meines Ungaren war eigentlich eher ein Schuppen. Ein kleiner Raum, übersät mit Unrat, Schmutz und alten Zeitungen, ein Bett, einen Holzofen, einen Stuhl. Das sei wie er lebe, meinte der Ungare und war sichtlich den Tränen nahe. Dann sagte er noch, bereits wieder etwas gefasster: „Das ist Bosnien.“
Aber nun müsse er mir noch die Überraschung zeigen und wie ein Kind voller Vorfreude nahm er mich am Arm und führte mich ins Erdgeschoss des grossen Hauses hinüber, welches direkt neben seinem Schuppen steht. Bereits von aussen nahm ich den warmen Tiergeruch wahr der mir entgegen trat. Hinter der Tür befand sich ein regelrechter kleiner Zoo; Ziegen, Schafe, ein Hund, zwei Esel und ein Pferd schauten uns alle ziemlich im gleichen Moment entgegen. Er sorge zu diesen Tieren, meinte der Ungare und er liebe sie sehr. Nun schien er es aber wieder eilig zu haben, denn er trippelte von einem Bein aufs andere. So verliessen wir die Tiere und verabschiedeten uns vor dem Haus.
Das Gesicht des Ungaren zeigte nun keine Maske mehr, nur noch diese tiefe Trauigkeit, die ich an ihm bereits bei der ersten Begegnung wahrgenommen habe. Wir würden uns wiedersehen, meinte ich. Ich kann mich nicht errinnern was er darauf geantwortet hat.

Bei „Kod Keme“ habe ich ihn seither nie wieder gesehen und auch bei „Babin“ war ich mehrmals erfolglos.
An die Türe seines Schuppens zu klopfen habe ich bisher unterlassen.

Horda Rundek auf Besuch


Heute hatte ich Besuch aus Zagreb, genauer gesagt aus Gornij Trpuci. Petra und ihre Mutter Heidi sind wegen einer Manifestation für einen Tag nach Sarajevo gekommen.
Da durfte ich als Schweizer den beiden kroatischen Frauen und dem Robert die Stadt zeigen.
Robert, der vor einigen Jahren bereits einmal kurz in Sarajevo gewesen ist sagte mir, dass sich die Stadt seit seinem letzten Besuch sehr verändert hätte.
Ein Höhepunkt eines jeden Sarajevo Besuches ist immer das Kaffee "Ribica". Doch dieses Kaffeehaus kann man nicht beschreiben, man muss es sich anschauen.

Freitag, 29. Januar 2010

zu besuch bei roger

und noch ein paar bilder aus sicht der besuchenden.

Bildgalerie

Liebe Leserinnen und Leser!
Es gibt neue Fotos auf der Bildgalerie zu sehen.

Dayton



Ich habe keine Ahnung wo Dayton liegt. Nur gerade weiss ich, dass es eine Stadt in den USA sein muss. Mir war bereits vor meiner Reise nach Bosnien das Dayton-Abkommen ein Begriff gewesen. Dort wurde im Dezember 1995, nach vier Jahren Krieg, ein Friedensabkommen zwischen den Präsidenten Kroatiens, Bosniens und der verbliebenen Bundesrepublik Jugoslawiens abgeschlossen. Das ganze geschah unter der Schirmherrschaft des damaligen US-Präsidenten Bill Clinton.
Das Abkommen stoppte die Waffengewalt; und nichts wünschten sich die Menschen Bosniens wohl damals mehr als das. Doch es schuf auch eine Situation, die heute nicht als eine glückliche bezeichnet werden kann.
Das Land ist nun aufgeteilt zwischen der kroatisch-muslimischen Föderation und der Republika Srpska. Wobei die letztere kürzlich ein Referndum zur Unabhängigkeit angekündigt hatte, worauf der kroatische Präsident anscheinend mit dem Einmarsch von Soldaten im Nordwesten des Landes drohte. Auch die von kroatischen Bosniern dominierte Hercegowina ist über die Föderation nicht gerade glücklich. Denn ein grosser Teil der Landessteuern fliessen von dort aus ins kriegsgeschädigtere Hinterland.

In der Rot-Kreuz-Küche kommt mehrmals pro Woche ein Lieferwagen angefahren. Geladen hat er jeweils eine Unmenge Kartoffeln und Fleisch. Der Lebensmittel-Lieferant nennt sich schlicht und einfach „Dayton“.

Mein welscher freund Mathieu ist halb Schweizer und halb US-Amerikaner. Vor einer Woche ist er zwecks einer Aufnahmeprüfung in die USA geflogen, an den Ort, in welchem seine Verwandten wohnen: Nach Dayton.
Vor der Abreise hat ihm ein Freund, welcher für die Regierung arbeitet, noch eine scherzhafte Bitte mit auf den Weg gegeben. Mathieu solle sich in diesem Dayton mal danach umschauen, ob er vielleicht eine Kopie des 1995 erstellten Friedensvertrages auftreiben könne. Das bosnische Exemplar sei nämlich irgendwie verloren gegangen.

Donnerstag, 28. Januar 2010

snijeg


Imamo snijeg, imamo puno snijega!

Mittwoch, 27. Januar 2010

Müll-Bilanz


Müll-Bilanz

Mist, gerade habe ich festgestellt, dass meine persönliche Ökobilanz wohl doch nicht zum Besten steht. Zwar kann ich an meinen zehn Fingern abzählen, wie oft ich in den letzten sieben Monaten in einem Auto gesessen bin und ein Finger ist bereits zu viel um die Flugmeilen der letzten fünf Jahre anzugeben; Trotzdem, meinem grünen Selbstwertgefühl gehts heute beschissen!

Gerade eben bin ich wieder mit fünf Plastiktüten nach Hause gekommen. Und dies obwohl mein Einkauf gerade einmal Käse, Früchte, Wurst und Brot beinhaltet.
Es ist hier wirklich verdammt schwierig, nicht den kleinsten Gugus (oder auch schon nur ein einzelnes Sugus) in eine dieser leicht durchschimmernden Plastiktüten eingepackt zu bekommen. Mit einem unguten Gefühl enthülle ich zu Hause jeweils meine Einkäufe und stopfe die Plastiktüte in die Kartonkiste zu den anderen Säcken. Meine stattliche Sammlung, zurück in Erdöl verwandelt, würde wohl ausreichen um mit einem alten Chevi nach Istanbul zu fahren; mit eingerechnet, dass ich dabei in allen Cevapi-Buden halt mache und den Motor laufen lasse.

Es mag ja alles nach Selbstverschulden tönen was ich hier erzähle, aber so einfach ist die Sache leider nicht.
Die Gründe für die unausweichlichen Plastiktüten sind dergestalt:

Das erste was ein Verkäufer oder eine Verkäuferin hier macht wenn ich den Laden betreten: er oder sie reisst einen Sack von der Stange.
Bevor ich zum Beispiel das Wort „Hlijeb“ (was ja nicht zu den einfachsten gehört) über die Lippen gebracht habe, zappelt das Brot immer bereits im Sack.
Die bei uns heissbegehrten Bio-Baumwoll-Stoffsäcke gibt es hier nicht.
Die Mehrweg Plastiksäcke (mit dem Schottenmuster) sind hier ausschliesslich derart gross erhältlich, dass man für den Einkauf dann zwingendermassen ein Auto bräuchte.

Nun habe ich aber die ultimative Finte ausgeheckt. Mein nächster Einkauf wird sich folgendermassen abwickeln:

Noch bevor ich den Laden betrete hänge ich mir meinen bereits geöffneten Rucksack vorne an die Brust, ganz genau so wie es die Touristen (ich auch) jeweils im Tram machen. Nun betrete ich den Laden und zwinge die Verkäuferin mit vorgehaltenem Rucksack, mir meine Einkäufe dort hinein zu legen.

Ich hoffe nur, dass sie die Sachen nicht zuerst in Plastiktüten abpackt, bevor sie in meinen Rucksack gelegt werden.

Nachtrag: Dass Bosnien Schwierigkeiten hat mit dem Abfall umzugehen ist untertrieben. Als ich mit dan und Cynthia nach dem Abklingen des schweren Regens durch ein wunderschönes Flusstal in der Nähe der serbischen Grenze fuhr, hätte man meinen können, die Verpackungskünstler Christo und Jean-Claude hätten hier ein neues Wek geschaffen. Skuril anmutend, hingen Tausende von Plastiktüten in den Bäumen am Flussufer.

Wann werden sie weggeräumt? Wer macht das? Wer bezahlt das? Und wozu überhaupt, wenn das Flussbeet beim nächsten Hochwasser doch sowieso wieder genau gleich aussehen wird...

Dienstag, 26. Januar 2010

Manchmal wird auch gearbeitet
















Umsteigen?


Lieber dan, liebe Cynthia!

Noch nimmer unterwegs! Das geht je nicht viel schneller vorwärts als wenn man zu Fuss unterwegs ist... Weiter so!

Hier in Sarajevo gibt es, sollte das mit dem Kuplungskabel nicht hinhauen, ein interessantes Auto zu kaufen. Es ist durchaus ausbaubar; in der Baumkrone lässt sich ein gemütliches Baumhaus errichten.
Ich wünsche weiterhin eine gute Fahrt!

Montag, 25. Januar 2010

dieses kupplungskabel

hat so seine macken, oder ist einfach alt. hier in zagreb wird es durch ein neues ersetzt. 3 männer von ausserhalb zagreb sind mit dem kabel und einem auto angereist. einer arbeitet und 2 schauen ob alles gut geht. vielleicht eine kroatische arbeitsweise. es scheint zu funktionieren.

der besuch bei roger war wunderbar. eine stadt mit einem stadtkundigen führer zu sehen, ihre bewohner und dessen gastfreundschaft zu erleben ist durchaus erlebenswert.

der eigentliche grund für den besuch war, den zustand von roger zu überprüfen. laut aussagen des befragten, geht es seinen füssen gut, sie konnten sich in den vergangenen zwei monaten etwas erholen. er kennt die stadt und die menschen bereits ziemlich gut. wenn es wärmer wird ist er bereit um weiter zu ziehen.

zima, zima!


"Zima, zima!" Diesen Auspruch ist zur Zeit überall und zu allen Tages- und Nachtzeiten zu hören. Wörtlich übersetzt bedeutet es ganz einfach "Winter, Winter".

Und tatsächlich ist es eisig kalt geworden in den letzten Tagen. Die steilen Gässchen gleichen oftmals Eisbahnen und die Menschen eilen zügigen Schrittes in Richtung der nächsten warmen Stube.
Leider ist mir bewusst geworden, dass eine solche nicht für alle hier selbstverständlich ist.
Als ich heute Šefika, Azra und Mindele in ihrer Wohnung besuchte, war es dort auch nicht gerade warm. Das Holz ist ihnen ausgegangen und bis Anfang Monat können sie sich keines leisten. Ein Sack Holz kostet hier 5 Euro, dieser reicht bei den jetzigen Temperaturen gerade einmal für 2 - 3 Tage.
Šefika, Azra und Mindele sind mit Sicherheit nicht die Einzigen, die diese Tage fröstelnd in ihren Wohnungen sitzen. Immer wieder sehe ich Menschen durch die Stadt gehen, die in einem Wägelchen einen Vorrat Holz zusammengetragen haben. Bei der Bobbahn am Treevič sind ständig Leute am Holz suchen.
Wärme; ich weiss nicht wann ich mir zum letzten Mal bewusst geworden bin, dass sie keine Selbstverständlichkeit ist.

Sonntag, 24. Januar 2010

Bosnische Geschichte Teil 1

Ich denke, Geschichte lässt sich nur bruchstückhaft verstehen. Jedenfalls ergeht das mir hier in Sarajevo so und ich verdanke es meiner langen Verweildauer, dass sich die Mosaiksteine der Geschichte immer mehr zu einer Art Bild zusammenfügen. So erinnere ich mich im Verlauf der Zeit immer wieder an Aussagen über die Stadt und das Land, die mir meistens erst im zweiten Anlauf des Überdenkens klar werden.
Das Faszinierende für mich an Sarajevo und Bosnien-Hercegowina wird je längers je mehr die Überlagerung von historischen Eriegnissen und Hintergründen, die ihren Einfluss bis in die Gegenwart ausüben. Dies natürlich nach dem Kontakt und Freundschaft mit den Menschen hier.

Wahrscheinlich ist Bosnien in der Tat ein Sonderfall im Balkan oder sogar in ganz Europa.
Bereits vor der Osmanisierung war Bosnien als ein schwer berechenbares Land bekannt. Das Leben in Bosnien des ausgehenden Mittelalters bot ein buntes Bild, mitgeprägt von sächsischen Bergleuten, ragusanischen Handelsherren und italienischen Franziskanern. Die katholische Kirche wehrte sich mit aller Kraft gegen den Einfluss und das Aufkommen der Bogomilen, eine Sekte, die vorchristliche Elemente in die christliche Glaubensauffassung einbezog. Es war ein mythischer und naturnaher Glaube, der sich in Bosnien entwickelte. Die Bogomilen bauten keine Kirche oder sonstigen Denkmäler. Als heilige Orte wählten sie Kraftplätze in der Natur, wie zum Beispiel Blagaj in der Nähe von Mostar. Es mag auch an den Bogomilen gelegen haben, dass der Islam seit der Mitte des 14. Jahrhunderts in Bosnien immer mehr Fuss fassen konnte. Die Bewohner Bosniens waren in ihrer Glaubensauffassung dem Islam wohl näher als dem Katholizismus.
Die Osmanen verbreiteten damals ihren Glauben nicht mit Schwert und Feuer wie dies die katholische Kirche während den Kreuzzügen zu tun pflegte. Das Osmanische Reich hatte seine eigenen Methoden um die besten Männer für ihren Glauben zu gewinnen.
Mit der "devširme", der sogenannten "Knabenlese" begannen sie die bosnische Bevölkerung für sich zu gewinnen. Die unterworfenen Balkanstaaten mussten regelmässig ein Kontingent an jungen Burschen nach Stanbul (Istanbul) entsenden. Nach dem erzwungenen Übertritt zum Islam konnten sie, entsprechend ihrer Eignungen, eine Laufbahn im militärischen oder zivilen Bereich antreten. Viele christliche Adelsfamilien entsandten ihre Jünglinge nicht ungern nach Stanbul, war doch dieser einseitige Youth-Exchange oftmals mit Ruhm und Vermögen für die eigene Familie verbunden. Denn die Knaben kehrten nach verbrachtem Studium manchmal als Stadthalter in ihr Heimatland zurück oder zeigten sich aus der Ferne erkenntlich. In "ihrem Namen und Auftrag" wurden Brücken, Moscheen, Koranschulen und andere Bauwerke errichtet.

Berühmt und für mich dank der Lektüre des Buches " Die Brücke über die Drina" von Ivo Andrič besonders eindrücklich, ist das Beispiel von Višegrad. Der Groswesir Sokollu Mehmed Pascha, hat um 1570 herum von Stanbul aus den Auftrag zum Bau der Brücke erteilt. Als 10 Jähriger, aus einem Dorf in der Nähe von Višegrad stammend, kam er in die Knabenlese und ihm war im fernen Stanbul eine grossartige Karriere zugeschrieben worden. Das wunderschöne Bauwerk erleichterte den Karawanenzügen zwischen Stanbul - Sarajevo und Ragusa (Dubrovnik) die Reise, denn nebst der Brücke entstanden auch sogenannte Sarajs, Vorläufer der heutigen Motels.
Im Hotel in Srebrenica musste ich mit Staunen feststellen, dass selbst dieses, doch als unzerstörbar geltendes Bauwerk, nicht vor heutigen Vandalen sicher ist. Haben sich doch tatsächlich einige Kerle dazu erdreist, einen 50 Kilogramm schweren Stein aus dem "Sofa" in der Mitte der Brücke zu stehlen. Ich habe das Glück gehabt, die Brücke einen Tag vor dem Diebstahl noch in ihrer vollen Schönheit und im ganzen osmanischen Glanz zu sehen.

Ich hoffe nur, dass sich dan nicht einen Scherz erlaubte und diesen Stein als Andenken in meinen Rucksack eingepackt hat.



Samstag, 23. Januar 2010

Trebevič

Heute habe ich meine erste grössere Schneewanderung unternommen. Nachdem ich in den letzten Monaten den Sendeturm auf dem Trebevič immer nur von Weitem gesehen habe, wollte ich dieses Ding heute einmal aus nächster Nähe betrachten.

Der Aufstieg von Sarajevo aus dauert etwa drei Stunden. Kurz nach der Bobbahn erreicht man auch bereits das erste Berghaus. Ich fühlte mich in dieser gemütlichen Hütte fast wie zu Hause; habe ich auf der Italienetappe doch manche dieser Einrichtungen besucht.
Wenn man sich alleine daran macht einen 1600 Meter hohen Berg zu besteigen, wird man hier auf gar manche Gefahren hingewiesen. Als erstes kommt immer das Thema "Mine" zur Sprache. Viele Menschen aus Sarajevo sind seit dem Krieg nicht mehr auf dem Trebevič gewesen, denn von dort sind zwischen 1992 und 1995 Tausende von serbischen Granaten auf die Stadt abgefeuert worden. Dieser Berg ist zu einer Art Tabu geworden. Es ist ein Ort wo man einfach nicht hin geht. Ganz anders sehen dies natürlich die "Alpinisten" von Sarajevo. Jedes Wochenende treffen sie sich im Berghaus zu Kaffee, Raki und Gitarrenklängen. Bis zum Gipfel gibt es bestens markierte Wanderwege; eine Minengefahr besteht also nicht, sofern man sich an die Wege hält.

Auf eine etwas andere Gefahr wies mich ein Mann hin, der unterhalb des Fenrnsehturms in einer kleinen Baracke wohnt, anscheinend der Wächter dieser Anlagen. Niemals solle ich alleine hier in die Berge kommen: "Vuka" - Wölfe. Zwar habe ich einen grossen Fuchs gesehen, der mich von einem Bergkamm aus eine lange Zeit beim Aufstieg beobachtete, an Wölfe habe ich aber nicht im Weitesten gedacht und glaube es auch jetzt noch nicht.

Beim Abstieg traf ich ein altes Mannlein, welches auf einer Bank unterhalb der Bobbahn sass. Er erzählte mir, dass er als kleines Kind mal oben auf dem Trebevič gewesen sei. Damals habe es auf dem Vidikovac noch ein Hotel und ein Panoramarestaurant gegeben. Und er erzählte mir einmal mehr die wunderbare Geschichte von der Eröffnung der Olympischen Winterspiele: Zwei Tage vor der Eröffnung lag kein Hauch Schnee auf den Hügeln rund um Sarajevo. Schon hatte man alle Schneekanonen, die man irgendwie auftreiben konnte in Position gebracht, als es am Abend vor der Eröffnung anfing zu schneien. Am nächsten Tag lag so viel Schnee in Sarajevo, dass man die Strassen mit grossen Maschinen räumen musste. So kanns gehen.



Freitag, 22. Januar 2010

All dies kann Sarajevo sein

Seit bald drei Monaten bin ich nun in Sarajevo. Ich könnte auch sagen, dass ich bereits drei Monate lang in Sarajevo gelebt habe. Was es bedeutet an einem Ort zu leben und nicht nur zu sein, ist nicht einfach zu sagen.

Ich habe eine Art zu Hause hier in Sarajevo. Wenn ich nach der Arbeit auf dem Koševsko Brdo in die Logavina 76 komme, dann komme ich nach Hause. In meiner kleinen Wohnung sind meine Sachen; ich kenne sie alle.

Seit bald einem Monat arbeite ich in Sarajevo. Von montags bis freitags, von 7 Uhr morgens bis kurz nach Mittag. Jeden Morgen betrete ich zum ersten Ruf des Muezzins (das ist keiner religiösen Veranlagung zuzuschreiben) die dämmrige Strasse und mache mich auf den Weg in die Küche. In der Küche habe ich nun meine persönlichen Arbeiten gefunden. Ich weiss, wann ich die leeren Büchsen auf den Rollwagen laden kann um mit der Fracht zum Container zu gehen. Ich weiss, dass ich mindestens zwei mal die Woche Kartoffeln schälen kann und einmal in der Woche dem Ismed beim Rüsten der Knobläuche behilflich sein soll.

Ich habe Freunde hier in Sarajevo. Menschen, die ich lieb gewonnen habe und die ich gerne treffe.
Sogar eine bosnische Mobiltelefonnummer habe ich mir zugelegt.
In Sarajevo habe ich meine Lieblingsplätze. Bosnische Kaffeehäuser, Pita-Buden oder auch besondere Orte, von welchen aus die Perspektive auf die Stadt besonders schön ist.
Ich kenne Schleichwege bis in den obersten Teil des Bistrik Hügels oder solche, die mich von meiner Strasse aus zum Sedrenik bringen; zum oberen Stadttor des ältesten Teils Sarajevos.
Ich kenne die Öffnungszeiten der Bibliothek und der Schumacher an meiner Strasse grüsst mich jedesmal mit einem Handwink, wenn er mich im Spiegel an seiner Werkstatt vorüber gehen sieht.

Man könnte sagen, ich lebe in Sarajevo.

Während den letzten Tagen durfte ich mit dan und Cynthia durch Sarajevo ziehen. Mit Freude zeigte ich ihnen die Früchte meiner Entdeckungstouren. Einen ganzen Abend verbrachten wir im Spielklub an der Logavina; eine jener rauchgeschwängerten Räuberhöhlen, die zu besuchen für mich immer ein Erlebnis sind. Das Bier ist an jenen Orten besonders billig und die Männer, die stundenlang an den Tischen sitzen und Karten spielen, könnte ich eine Ewigkeit betrachten. In ihrer Eigenheit erscheinen sie mir manchmal wie Wesen von einem anderen Stern.
Dass man in Sarajevo gut und ausgiebig isst, wissen meine Schweizer Freunde nun auch. Es kann vorkommen, dass nach einer Runde Bier bald eine zweite folgt, ohne dass man diese bestellt hat. Der Kellner macht einen Wink in eine Ecke und dort sitzt dann der Spender. Man dankt und erhält als Antwort einen Augenzwinker, mehr nicht.

All das kann Sarajevo sein.

Gestern Mittag sind dan und Cynthia weitergereist.

Am Nachmittag traf ich mich mit Azra und ihrem 10 jährigen Sohn Mindele. Wir hatten uns zum Eislaufen verabredet; ein Unterfangen, das meinerseits eine grosse Überredungskunst erforderte.
Es war seltsam die beiden bekannten Gesichter auf einmal vor der Lateinerbrücke zu sehen (ein Bauwerk, welches Azra noch immer als Gavrilo Princip Brücke bezeichnet), nachdem wir uns bisher nur in der kleinen Wohnung kennengelernt haben. Gemeinsam machten wir uns auf den Weg zur Eisbahn, welche Azra im Skenderik Bezirk wähnte, in der grossen Halle aus der Zeit der Olympischen Winterspiele. Ein Sicherheitsmann belehrte uns aber eines besseren: Seit dem Krieg gäbe es hier keine Eishalle mehr, zum Eislaufen müssten wir nun zum Koševo Stadion gehen. Dies war nun aber Azra zu weit und so beschlossen wir, uns in ein Cafe zu setzen. Ich wollte die Beiden mit einem besonderen Ort überraschen, rief ein Taxi und liess uns zum AVAZ Twist Tower fahren. Mit seinen 175 Metern ist der vor drei Jahren fertig gestellte Turm das höchste Gebäude Sarajevos. Von der Aussichtsplattform im 36. Stock reicht der Blick auf die weit in die umliegenden Hügel verstreute Stadt.
Mindele staunte nicht schlecht als wir am Fuss dieses Gebäudes standen und Azra schloss die Augen, als der Lift in knapp 10 Sekunden sein Ziel zu erreichen suchte.
Auf der Terrasse standen wir dann lange Zeit am Geländer und schauten auf Sarajevo hinunter. Azra und Mindele hatten ihre Stadt noch nie aus dieser Perspektive gesehen und es brauchte einige Zeit sich daran zu gewöhnen. Gemeinsam versuchten wir uns im Gewühl der Strassen zu orientieren und hielten auch Ausschau nach ihrem Haus. Wir erkannten zwar den Hügel auf dem das Haus steht, aber für eine genauere Betrachtung reichte unser Sehvermögen nicht aus. So liessen wir alle drei für längere Zeit unsere Blicke schweifen und schauten auf Sarajevo, auf die Stadt in welcher wir leben; ich seit knapp drei Monaten, Mindele seit 10 Jahren und Azra bereits seit einem halben Jahrhundert.
Im Panorama Cafe im 35. Stock war es Azra dann nicht mehr wohl. Rund um uns herum trafen sich Geschäftsleute zum Business-Lunch und der bosnische Kaffee schmeckte schlecht. So bestiegen wir bald wieder den Lift, welcher uns in den knapp 10 Sekunden in die gewohnte Perspektive zurück versetzte.

Ich bin froh haben wir diesen kleinen Ausflug unternommen. Denn es schadet nicht, so denke ich, die Stadt in der man lebt einmal in Ruhe von oben zu betrachten.
Es tut gut seine Blicke über die lange, viel befahrene Strasse gleiten zu lassen, hinaus aus der Stadt und über den Berg Igman hinüber. Denn dahinter sind weitere Berge zu erkennen, Schnee bedeckte. Durch die Wolken dringen Sonnenstrahlen welche die Gegenden beleuchten, die man vom 36. Stock des AVAZ Twist Tower nur gerade zu erahnen vermag.

"Wir sind fast schon in den Wolken", hat Mindele gerufen.
Azra deutete mit dem Finger zu den hohen Bergen und sagte zu ihrem Sohn: "Dort, weit hinter diesen Bergen liegt irgendwo die Schweiz."




Mittwoch, 20. Januar 2010

Wosch Socke?


Mit dan und Cinthya habe ich gestern die Bobbahn am Trebevič besucht. Zur Begehung der verschneiten Röhre hat dan sogar seine Gummistiefel aus dem Kofferraum hervor geholt.
Zu dritt durften wir in den letzten Tagen viel erleben und ich bin sehr froh, dass ich endlich mal meine vielgepriesene Stadtführung an den Mann, beziehungsweise an die Frau bringen konnte.
Vielen Dank dan und Cynthia.
Von unserem Wochenendausflug sind wir am Sonntag Abend wohlbehalten zurück gekehrt. In Srebrenica fanden wir doch noch ein Zimmer. Es war eine eindrückliche Fahrt durch Bosnien. Es gab zwar keine schönen Städte oder Dörfer zu beschauen, dafür wurde aber die bosnische Gastfreundschaft einmal mehr aufs herzlichste ausgelebt. Als wir einen bosnischen Mann, der uns eben zu Kaffee und Kuchen eingeladen hatte, darauf ansprachen, meinte er: "In der Schweiz gibt es doch so viele Ausländer, da kann man nicht zu allen gastfreundlich sein. Bei uns sind ausländische Besucher selten.."


Sonntag, 17. Januar 2010

An der serbischen grenze wurden wir, teilweise nur mit id ausgestattet, abgewiesen. Kurz vor srebrenica aber von bosnischen schweizern aufs herzlichste empfangen und hätten auch dort übernachten können. Die gastfreundschaft war eine überforderung für uns und so sitzen wir nun in einer bar in srebrenica. Eine unterkunft erhoffen wir hier noch zu finden. Die bosnischen hauptstrassen kennen wir nun bestens, nebenstrassen haben sich als schwer befahrbare wanderwege erwiesen.

Samstag, 16. Januar 2010

dami siech

Unsere wochenendfahrt wäre bereits kurz nach sarajevo beinahe an einem gerissenen kupplungskabel gescheitert. Ein wunderbar geschickter mech in foca hat gezaubert und dan's auto fährt nun besser als zuvor. Zum mech fanden wir nur weil wir uns vorher verfahren hatten. Die ganze sache würde locker bis istanbul standhalten, so unser mech. Vorerst erreichten wir aber visegrad mit seiner berühmten brücke über die drina. Nach 450 jahren steht sie, allen stürmen trotzend, mit ihren 12 bögen weiterhin.

Freitag, 15. Januar 2010

Dan und Cynthia in Sarajevo


Da sind sie am Mitwoch endlich angekommen; Cynthia und Dan. Nach einer längeren Tour via Italien und Kroatien haben sie den Weg ins weich geregnete Sarajevo gefunden. Bereits ausgiebig wurde das Wiedersehen gefeiert. Schlimme Verletzungen habe ich, auf Grund des wenigen Schlafes, mir im Küchendienst noch keine zugezogen.
Heute gehts auf einen Wochenendausflug nach Višegrad und weiter an die montenegrinische Grenze.
Die Gehcrew lässt grüssen!

Dienstag, 12. Januar 2010

Brig; ein Perspektivenwechsel


Als Mathieu am vergangenen Samstag Abend nach einem Taxi Ausschau hielt, traf es sich, dass wenige Meter vor uns ein solches stand. Ein Mann, der Fahrer, lehnte sich Kaugummi kauend an eine Hauswand. Dort war er, wegen des kleinen Dachvorsprunges, vom Regen geschützt. Es war ein kleiner aber stämmiger Mann, glatzköpfig und in seinem Aussehen in verblüffenderweise dem Schauspieler ähnlich, der in "Amelie Poulain" den Cafebesuchern mit seinem Diktafon so unsäglich auf die Nerven geht.

Da wir beide noch eine Zigarette rauchten und es auch sonst nicht eilig hatten, stellten wir uns zum Taxifahrer unter das Vordach. In bosnischer Sprache, deren sich Mathieu mehr gewachsen ist als ich, entwickelte sich ein kleines Gespräch. Somit erfuhr der Taxifahrer, dass wir aus der Schweiz kommen.

Er fragte uns aus welcher Region wir denn seien, ob französisch oder deutschsprachig, und verriet damit bereits ein Vorwissen bezüglich des helvetischen Landes. Mathieu rückte zuerst mit der Sprache heraus; er komme aus dem Kanton Wallis, aus der französischsprachigen Region. Diese Aussage entlockte dem Fahrer eine zweite Frage: Ob denn die Stadt Brig auch im Kanton Wallis sei. Wir konnten diese Frage mit ja beantworten und fügten noch erklärend hinzu, dass Brig die Hauptstadt des Kanton Wallis sei.
Nun hellten sich die Gesichtszüge unseres Fahrers auf und er setzte seine Fragerei fort: Ob denn die Stadt Brig ein Gefängnis habe, wollte er wissen. Hier wurden Mathieu und ich etwas stutzig und schauten uns fragend an. Schliesslich meinte mein welscher Freund, welchem die Gegend bekannter ist, er denke schon dass Brig ein Gefängnis habe. In diesem Falle sei er bereits einmal in diesem Brig gewesen, meinte nun unser Taxifahrer laucht lachend, im Briger Gefängnis nämlich.
Darob hielten wir uns für eine geraume Zeit die Bäuche vor lachen und verabschiedeten uns dann mit einem Händedruck, Mathieu bestieg das Taxi und ich hatte noch einen kurzen Fussweg vor mir bis ins Trockende.

Nachtrag: Danke für den Kommentar. Ehrlichkeitshalber lasse ich die ganze Geschichte so stehen und entschuldige mich bei allen Wallissern und Wallisserinnen aufs herzlichste. Mathieu ist unschuldig, er muss meine blöde Behauptung überhört haben...

auf der spur der gehcrew

es liegt jede menge feinstaub und wenn man es weiss auch ein hauch schweiss der gehcrew in der luft. noch 130 km und ich habe es auch geschafft. ich besuche die gehcrew ferienhalber, kontrolliere schuhsohlen und gemütszustand.

Montag, 11. Januar 2010

warten auf dan


Bosnier begrüssen sich gerne mit einem lauten "gdje si?" (ausgesprochen tsche si). Als Antwort kommt meistens von der anderen Seite der Strasse ein "kako si?".
Die Begrüssungsformel ergiebt dann "wo bist du?" - "wie gehts?".
Und damit ist das Gespräch oft auch schon zu ende.
Eben auf der Post:
"šta ima?" - "was gibts?"
"jelli!" - "wirklich!"
Alles andere ist doch überflüssig.

Sonntag, 10. Januar 2010

Streunende Hunde


Streunende Hunde kommen in der Schweiz, soviel ich weiss, höchst selten vor.
Hier in Sarajevo sehe ich solche Hunde täglich.
Unvergesslich bleibt mir die Szene vor Augen, als eines abends, ich spazierte in Gedanken versunken zu meinem Haus zurück, eine Horde solcher Hunde mir entgegen gerannt kam. Irgendetwas musste sie bei ihrer täglichen Futtersuche im Müllcontainer aufgeschreckt haben. Ich wurde durch sie blitzartig aus meinen Tagträumen hinaus gerissen und wollte auch schon die Flucht ergreiffen, da waren sie bereits an mir vorbei gerannt. Es war ein archaisches Bild und es war ein ebenso archaischer Adrenalinschub der in mir hochkam. Mitten im Stadtzentrum.
Auf der Wanderung in den letzten Monaten bin ich hunderten von Hunden begegnet. Fast alle waren sie in ein Gehege eingesperrt, zum Glück dachte ich damals, und bellten uns zähnefletschend an. Es hatte etwas absurdes an sich, mit Pintaš durch kleine italienische Dörfer zu gehen und alle fünfzig Meter erneut ein Biest zu sehen, das sich regelrecht gegen den Zaun geworfen hat, nur um uns so nahe wie möglich zu kommen. Glücklicherweise nahm Pintaš all das gelassen und zeigte seinen Kollegen oftmals die kalte Schulter.
Hier in Sarajevo habe ich nun eine andere Spezies kennengelernt: die heimatlosen Kerle.
Am Anfang hatte ich Angst vor ihnen, sah vor meinem inneren Auge mein Hosenbein bereits zwischen den Reisszähnen hängen. Nun habe ich mich aber beruhigt, denn ich erkannte, mit welcher Demut diese Tiere durch die Strassen Sarajevos schleichen. Den Schwanz oft eingezogen, sieht man ihnen an, dass sie hier höchstens geduldet werden. Sie versuchen alles daran zu setzen, dass die Menschen ihnen keine üblen Geschichten anhängen können.
Gestern habe ich einem dieser Strassenhunde zugesehen, wie er an die Grenze des möglichen gegangen ist. Einen Abfallsack im Maul nach sich ziehend, schlich er, aus einer Seitengasse hinaus, auf den Gehsteig der Hauptstrasse mitten im Konsumzentrum der Stadt. Ein unwiderstehlicher Duft musste diesem Abfallsack entrstömt sein, denn das Tier machte, ungeachtet der zahlreichen Passanten die an ihm vorbei eilten, sich daran, die Wundertüte zu zerreissen. Ich sah bereits schwere Winterstiefel die nach dem Tier treten würden, doch nichts dergleichen geschah.
Vor heimatlosen Hunden habe ich nun keine Furcht mehr. Es kommt sogar vor, dass ich mich bei dem Gedanken ertappe, einem dieser Tiere ein Zuhause anbieten zu wollen. Dass dies ein äusserst törichter Gedanke ist, wird mir oft bereits im selben Moment bewusst.

Ich kann es aber nicht verneinen, dass ich diese streunenden Hunde mag. Ihnen gebührt mein Respekt; denn im täglichen Kampf ums Überleben strahlen sie, trotz der eben erwähnten Demut, eine erstaunliche Würde aus.

Samstag, 9. Januar 2010

Tischtuch gesucht?


Seit ich vor rund einem Monat auf einem Spaziergang Šefika (ältere Frau auf dem Bild) kennengelernt habe, zählen sie, ihre Tochter Azra und deren 10-jähriger Sohn Mindele zu unseren Freundschaften hier in Sarajevo.
Alle drei wohnen zuoberst auf dem Hügel, hoch über den Dächern Sarajevos.
Als Nataša und ich herausgefunden haben, dass beide wunderbare Häkel- und Näharbeiten schaffen, wussten wir sofort, wo wir unsere Weihnachtsgeschenke einkaufen würden.
Nun sind Häkelarbeiten nicht jedermanns/ jederfraus Sache. Unter den Arbeiten von Šefika und Azra finden sich sehr interessante und aussergwöhnliche Motive und es sind Arbeiten von höchster Qualität (sofern ich das als Laie beurteilen kann).
Für die Fertigstellung des Tischtuches, welches auf dem Bild zu sehen ist, benötigte Azra fünf Monate. Die Kosten des Fadens belaufen sich auf 200 Mark (100 Euro). Hier in Sarajevo verkauft sie dieses Tuch (wenn überhaupt) für 250 Mark (125 Euro). Sie macht also ganze 25 Euro Gewinn. Dank kleineren, etwas weniger aufwändigen Arbeiten, schafft sie es trotzdem etwas Geld zu verdienen. Kleinere Tischtücher oder Tischsets kosten zwischen 25 und 40 Euro.
Sollte jemand Interesse an solchen Arbeiten haben, dann kann man gerne mit mir Kontakt aufnehmen. Ich würde dann eine allfällige Bestellung an Azra weiterleiten.

Freitag, 8. Januar 2010

Narben in Sarajevo


Ich entschuldige mich im Voraus für die Länge einiger Einträge. Aber manchmal ist es mir nicht möglich, mir wichtige Eindrücke in wenigen Sätzen abzufassen. Einen Dank an all jene, die sich Zeit nehmen, auch die längeren Texte zu lesen.

Nachdem ich gestern auf der zweiten Verteilstour mit Sloboda mitfahren konnte, kenne ich nun alle 18 Standorte, an welchen das Essen, das man in der Rot-Kreuz Küche zubereitet, verteilt wird. Es sind unscheinbare Lokale, meistens mitten in Wohnvierteln, in oftmals heruntergekommenen Gebäuden, in welchen sich montags bis freitags gegen Mittag die Menschen sammeln um das warme Essen abzuholen.

Wenn wir mit unserem Lieferwagen heranfahren, kommt meistens bereits jemand aus einem dieser Lokale heraus, in der Hand den leeren, sauber gewaschenen Thermostopf vom Vortag, der nun gegen einen vollen eingetauscht wird. Oftmals sind es ältere Frauen, die wohl seit Jahren diesen Dienst leisten ohne dafür bezahlt zu werden. Manchmal helfen wir den rund 30 Kilogramm schweren Topf ins Lokal reinzustellen. Dort stehen immer auch Kisten voller Weissbrote bereit, die das ihre dazu beitragen, die hungrigen Bäuche satt zu machen.

Eindrücklich bleibt mir das Quartier Alpašino Polje in Erinnerung. Ein riesiges Wohnviertel mit 15 stöckigen Gebäuden, direkt am Miljačka Fluss gelegen. Sloboda erklärte mir, dass dieses Wohnviertel speziell für die Winterolympiade 1984 fertig gestellt wurde. Ich stelle mir vor, dass diese Häuser damals sehr modern und elegant ausgesehen haben mögen. Zwischen den Gebäuden liess man viel grün stehen, baute Basketball Felder und bemalte die Treppenstufen, welche das ettagenartige Gelände verbinden, in den verschiedensten Farben. Heute, 26 Jahre später, unterscheiden sich diese Gebäude nicht im Geringsten von den anderen Hochhäusern in der Neustadt Sarajevos. Allesamt tragen sie noch die unauslöschlichen Spuren der vierjährigen Belagerung. Die Fassaden sind mit zum Teil faustgrossen Löchern versehen und an einigen Stellen ist meterlang die Backsteinmauer erkennbar, welche andernorts noch von der grauen Fassade bedeckt wird.

Während man nach dem Krieg die Altstadt langsam wieder aufgebaut hat, stehen diese riesigen Häuser weiterhin angeschossen in der Umgebung; für einen Besucher aus einem kriegsunversehrten Land wie der Schweiz immer wieder ein bedrückendes Bild. Aber wahrscheinlich haben sich die Augen der Bewohner dieser Häuser längst an das Bild gewöhnt und bemerken die Einschusslöcher erst wieder, wenn man sie darauf hinweist.

Zurück in der Küche sehe ich Haris, Hamida und Sabine zu, wie sie die riesigen Kochplatten reinigen und sich bereits wieder an die Arbeit machen, das Essen für den nächsten Tag vorzubereiten. Ich fragte Sabine ob sie auch schon einmal mit Sloboda mitfahren konnte um zu sehen, wem das wunderbare Essen zukommt, das sie täglich zubreiten. Ich war froh, als sie diese Frage mit Ja beantwortete. Denn eigentlich hat es wenig aufregendes und beglückendes an sich stundenlang Kartoffeln zu schälen oder tagtäglich mehrmals die Herdplatten zu reinigen. Das Wissen darum, dass das Resultat dieser Arbeit einige Stunden später für 1600 Menschen unverzichtbar ist, macht die Aufgabe dieses Küchenteams so grossartig.

Es ist wunderschön mitzuerleben, wie jeder einzelne der sechs Mitarbeiter seine Rolle in diesem jahrelang eingeübten Spiel beherscht. Jeder Handgriff sitzt und somit sind auch die langen Pausen, in denen man eben ausser rauchen, sitzen und schwatzen gar nichts macht, Teil der Arbeit. Wenn Ismed, der Lagerist, halt der einzige ist welcher den Schlüssel zur Vorratskammer am Bund trägt, dann ist es eben seine Aufgabe, diese Türe aufzuschliessen um die nötigen Vorräte herauszuschaffen. Er ist es aber auch, der am Dienstag sich ums Schälen der Knobläuche kümmert, welche am Mittwoch für die Bohnensuppe benötigt werden. Nebst einigen anderen kleinen Arbeiten hat er aber ausgiebig Zeit, in seinem blauen Hausmeistermantel durchs Guckfenster der Eingangstür auf die Strasse hinaus zu schauen.

Gospodine Kravič, der 83 jährige Chef des Unternehmens, verbringt die meiste Zeit des Vormittags in seinem Büro. Pünktlich um halb acht bringt man ihm seinen Kaffee und ebenso pünktlich um neun erhält er die Suppe oder das Essen welches gerade auf dem Menuplan steht. Er geniesst eine grosse Autorität und strahlt doch sehr viel Liebe und kindliche Neugierde aus. Auf seinem Schreibtisch stapeln sich Rechnungen und Briefe, welche er, weitsichtig wie er ist, wohl drei mal lesen muss bis er sich über deren Inhalt im klaren ist. Manchmal kommt er langsamen Schrittes in die Küche geschlichen, schaut dem Haris über die Schulter oder kontrolliert die Schnittgrösse der Karotten. Wenn er dann wieder wieder in sein Büro geht, wird nicht selten etwas geschmunzelt und es fallen einige Sprüche. Ganz leise aber nur, im Flüsterton, als könnte der äusserst schwerhörige Mann die Scherze, die man über ihn macht, noch durch die geschlossene Tür hindurch verstehen.

Sloboda, den Fahrer, habe ich besonders schätzen gelernt. Er ist der eigenständigste des ganzen Teams, wehrt sich laut fluchend gegen Anschuldigungen seitens des Chefs, wobei aber in der nächsten Minute bereits wieder ein schelmenhaftes Lachen über sein frühzeitig gealtertes Gesicht huscht. Er raucht wie ein Kamin und ist ziemlich den Sportwetten verfallen; ein Thema, welches zwischen ihm und Gospodine Kravič immer wieder zu Auseinandersetzungen führt. Sloboda schliesst die Wetten während der Arbeitszeit ab.

Gestern habe ich Sloboda gefragt, was denn geschehe, wenn er an einem Tag aus krankeitsgründen nicht zur Arbeit erscheinen könne. Das komme nie vor, meinte er meine Frage beantwortend. Seit 10 Jahren sei er nie mehr beim Doktor gewesen, schwer krank eigentlich nur einmal in seinem Leben. An dieser Stelle zieht er den Pullover aus seinen Hosen und zeigt mir die handgrosse Narbe oberhalb der linken Hüfte. 1993 ist Sloboda auf dem Berg Igman, damals als bosnischer Soldat, von Granatsplittern getroffen worden. Ein Jahr lag er in Sarajevo im Krankenhaus, währenddem seine beiden Töchter im Keller eines Hochhauses den Kindergarten besuchten.
Vielleicht und hoffentlich ist es bei den Menschen ähnlich wie mit den Häusern; an die Narben erinnern sie sich erst wenn man sie darauf anspricht.

Donnerstag, 7. Januar 2010

Teos Velo




Teo wollte wissen auf welchem Holzweg ich das tiefeingeschneite Velo denn gefunden habe, welches seine Weihnachtskarte zierte. Hier die Auflösung des Rätsels.

Um den Langfingern vorzubeugen wurde es kurzerhand an einen Betonsockel gegossen. Dieser wiederum ist ein Werk eines russischen Künstlers und befindet sich als Donation vor einer Bank im Zentrum Sarajevos. So ist das, gäu Teo.


Nach dem kurzen, strengen Winter ist in Sarajevo typisches Januarwetter eingekehrt. Feucht, neblig und kühl. Schnee wäre mir tausendmal lieber.

Mittwoch, 6. Januar 2010

Neues aus dem Küchentopf

Langsam kommt mehr Schuss in meine Arbeit. Ich war natürlich mal wieder ganz schweizerisch voreilig anstatt einfach mal abzuwarten, zuzuschauen und gemütlich einen Kaffee zu trinken. Schliesslich wollen die Handgriffe in einer Grossküche (es werden dort 1600 Mahlzeiten täglich zubereitet) auch gelernt sein.

Meine heutige Bilanz:
- zu dritt wurden 180 kg Kartoffeln geschält
- mit Haris habe ich ein halbes Rind zerkleinert
- ich konnte zahlreiche bosnische Fluchwörter in den aktiven Wortschatz übertragen

Lustig finde ich, dass das offizielle Arbeitsende um 13 Uhr strikt eingehalten wird, obwohl die Arbeiten, so wie heute, manchmal kurz nach Mittag beendet sind. Die Einhaltung dieser Regel kontrolliert der 82 jährige Šefe. Die Küchenmannschaft sitzt dann, so wie eben heute, noch eine Stunde am Tisch im Gang und zerqualmt ein Pack Zigaretten. Ich harre ebenfals aus, was soll ich sonst...

Dienstag, 5. Januar 2010

Küchendienst


Nach zwei Tagen Küchendienst in der Rot-Kreuz Küche ist es für mich noch sehr schwer zu sagen, ob ich dort eine wirkliche Hilfe sein kann oder ob ich auch in Zukunft die Rolle eines aktiven Statisten spielen werde.

Auf jeden Fall wurde ich herzlich aufgenommen ins bestens eingespielte Küchenteam unter der Leitung des liebenswürdigen, 82 Jahre alten Refik Kravič.
Hamida und Sabine, die zwei flinken Frauen die in ihrer 20 jährigen Arbeit bestimmt schon mehrere Tonnen Kartoffeln geschält haben, führten mich heute in die Decoupage eines weichgesottenen Hammels ein. Eigentlich waren es wohl mindestens drei Hammel, die wir suppengerecht zerkleinert haben. Ganz genau lässt sich das aus dem Fleischberg, den man vor sich hat, nicht bestimmen.
Mit Ismed, dem Lageristen, schälte ich anschliessend ein gutes Kilogramm Knoblauch. Aus seiner Schweigsamkeit heraus lernte ich zwar kein bosnisch, dafür aber genoss ich die Ruhe einer fast schon meditativen Arbeit.
Mit Sloboda, dem Fahrer der Clique, durfte ich gestern auf die erste Verteilstour mit. Es war der bestmögliche Einstieg für mich, denn so wurde mir vor Auge geführt, für wen das Essen täglich gekocht wird. Die Mahlzeiten werden in grosse Thermostöpfe abgefüllt und an insgesamt 18 Orte gebracht. Bereits um 9 Uhr warten dann dort die Menschen, für welche die Mahlzeit bestimmt ist, mit einem Plastikgeschirr in der Hand auf die Ausgabe. Für viele ist es die einzige Mahlzeit, die sie an diesem Tag einnehmen werden. Die Verteilstour führte mich auch zum Doktor, genauer gesagt zur medizinischen Untersuchung. Ein Attest betreffend meiner Gesundheit ist eine Voraussetzung dafür, dass ich überhaupt in der Küche arbeiten darf.
Am leichtesten fällt mir der Kontakt bestimmt zum Jungkoch Haris, der mit seinen 20 Jahren der jüngste der Truppe ist.
Ich beginne jeweils um 7 Uhr mit der Arbeit. Das bedeutet, dass ich spätestens um halb sieben ins noch dunkle Sarajevo raus muss, da die Küche einen Spaziergang von der Ulica Logavina entfernt liegt. Um 13 uhr ist dann mein Küchendienst beendet. Langsam kommt also ein Rhythmus in mein Wanderleben; eine Tatsache über die ich gar nicht so unglücklich bin.
Zum Bild: Das gibts bei uns nicht. Das Bild stammt noch aus Ungarn. Aber Sloboda hat mir heute gesagt, dass grillierte Fleischspeisen eine ideale Diätnahrung sind. Er kenne Leute, die sich zwei Wochen nur vom Grill ernährten und dabei abgenommen haben...

Montag, 4. Januar 2010

Freiwilligen-Arbeit


Als ich den Besitzern des Restaurants "Bjela Tabja" sagte, dass ich den Winter über in Sarajevo zu bleiben gedenke und deswegen längere Zeit über eine Arbeit gesucht hätte und eine solche in einer Küche nun endlich gefunden habe, staunten sie nicht schlecht. Noch erstaunter war jedoch ein junger Mann, der einige Tische von uns entfernt sass und rauchte. Wie es denn mit meinen Papieren sei und ob ich als Schweizer hier einfach nur so arbeiten könne, wollte der junge Mann wissen. Sofort sah ich meine irreführende Lagebeschreibung ein und fügte hinzu, dass ich freiwillig hier zu arbeiten gedenke, also eine Volontärsstelle angenommen habe. Freiwilligenarbeit hätte er auch gemacht, meinte der Mann und setzte sich zu uns an den Tisch. Zwei Jahre hätte er in Winterthur freiwillig als Hilfsförster gearbeitet. Im ersten Moment staunte nun ich nicht schlecht und wollte schon fragen aus welcher Motivation heraus er dies gemacht habe, als der junge Mann noch hinzufügte, dass er anfangs der Neunzigerjahre als Flüchtling in die Schweiz gekommen sei. Nun wurde mir klar, dass nicht jede Freiwilligenarbeit im gleichen Masse freiwillig ist.

Samstag, 2. Januar 2010

Zurück in Sarajevo


Nach einem weihnächtlichen Besuch in der Schweiz bin ich vorerst alleine zurück nach Sarajevo gekommen. Hier halte ich an meinem Plan fest, den Winter an der Ulica Logavina zu verbringen. Nataša weilt zur Zeit in Slovenien.


Am Montag beginne ich mit der Arbeit in der Rot-Kreuz Küche in Sarajevo. Dort wird täglich für 1600 Menschen gekocht.Ich bin gespannt auf diese Arbeit und freue mich sehr darauf.
Aus einem regnerischen Sarajevo wünsche ich allen Lesern des Geh-Crew Blog ein zufriedenes und abenteuerliches 2010. Und es gilt weiterhin; ich freue mich auf Besuch hier in Sarajevo. Eine ausgedehnte Stadtwanderung ist garantiert.