Sonntag, 25. Oktober 2009

Kroatien neigt sich dem Ende entgegen




Split, 25.10.09

Viele Tage sind seit dem letzten Eintrag ins Land gezogen, viel Wasser ist vom Himmel gefallen (Schnee auch), viel Wind ist über die Küste gefegt und einige Schritte liegen bereits wieder hinter mir und Natasa.
Wir sind in Split und langsam neigt sich dieses lange Kroatien einem Ende entgegen. Anfang November werden wir in Dubrovnik ankommen, wo eine grössere Reiseetappe zu Ende gehen wird.

Seit meiner Ankunft an der slovenischen Küste in Koper hat sich meine Reise etwas verändert. Ich habe eingesehen, dass es für mich nicht immer möglich ist auf Biegen und Brechen alle Strecken zu durchlaufen. So gab es seither auch kurze Strecken, die ich per Autostop, Zug oder Bus zurück gelegt habe. Wann immer möglich und wann immer es angebracht ist will ich aber weiterhin meine Füsse als Hauptfortbewegungs-Mittel gebrauchen. Wenn ich dank dieser Reiseart bisher etwas gelernt habe, dann ist es das, dass alles was man braucht auf dem Weg zu finden ist; Wasser, Essen, Begegnungen und einen sicheren Ort zum Schlafen. Steigt man irgendwo aus dem Auto raus, so braucht es für mich aber immer eine grössere Kraftanstrengung, mir dieser Erkenntnis klar zu werden. Aber es liegt noch etwas Weg zum üben vor uns.

Die letzten Tage waren geprägt von sehr unstetigem Wetter, etwas wo vor ich bisher ziemlich verschont geblieben bin. Die Bura Stürme (kalter, heftiger Nordwind) und der plötzliche Kälteeinbruch verunmöglichten die Wanderung im Velebit, so dass wir beschlossen, von der Insel Rab aus zuerst einmal in unsere zweite Heimat nach Iz zu fahren. Dort konnten wir im Kreis bekannter Leute getrost auf besseres Wetter warten.

Nach einigen Tagen wagten wir es schliesslich und fuhren zurück nach Jablanac wo der Aufstieg in den Velebit begann. Auf 1400 Meter angekommen erwartete uns eine Überraschung; Schnee lag knöcheltief und es wehte dort oben ein Wind, gegen den man regelrecht ankämpfen musste. Im Berghaus erfuhren wir, dass bei ungünstigen Verhältnissen geübte Alpinisten manchmal für 200 Metrer im Schnee ganze 45 Minuten brauchen... Dass mit diesen Bura-Winden nicht zu spassen ist, das haben wir immer wieder gehört. Es am eigenen Leib zu spüren, wie dieser Wind durch Mark und Bein dringt ist aber eine andere Sache.
Nach zwei Tagen mussten wir schliesslich unser Unterfangen abbrechen und wieder ans Meer runter steigen. Ein zweiter Versuch, etwas weiter südlich, im Nationalpark Paklenica, glückte schliesslich und wir genossen drei wunderschöne Wandertage in dieser unglaublichen Landschaft.

Von Zadar nach Split zu laufen wurde uns nicht empfohlen, da es in dieser Gegend noch zahlreiche Minenfelder gibt. Und tatsächlich sieht man vom Zug aus immer wieder Schilder, auf welchen ein Totenkopf abgebildet ist und die vor dem Betreten eines bestimmten Gebietes warnen. Die Zugfahrt ins Hinterland der dalmatischen Küste, nach Knin, war für mich äusserst interessant. Wenn man sich für längere Zeit an der Küste und auf den Inseln aufhält, besteht die Gefahr, diese Welt als Kroatien zu verstehen. Dass es aber nur ein Teil davon ist, welcher sich nach meiner Ansicht vom Rest des Landes in krassem Gegensatz abhebt, wurde mir schlagartig bewusst. Knin, ehemaliger Kriegsschauplatz, versprüht mit den noch immer zahlreichen angeschlagenen Häusern ein so ganz anderes Gefühl, als die touristisch herausgeputzen Orte an der Küste. Schön, angenehm und von historischer Bedeutung sind die Letzteren auf jeden Fall, aber das ist nur die halbe Wahrheit.

Bereits mehrmals durfte ich nun in Kroatien sein. Aber bisher noch nie ist mir der vergangene Krieg im ehemaligen Jugoslawien so nahe gekommen, wie diesmal. Nur wenige Menschen hier wollen von den Kriegserlebnissen sprechen. Sich vorzustellen, dass eine ganze Generation in die Absurdität eines solchen Krieges hineingezogen wurde, stimmte mich oftmals traurig und nachdenklich.

Vor uns liegen nun die Inseln Korcula und Peljesac welche wir noch durchwandern möchten um nach Dubrovnik zu gelangen. Und dann gehts wieder nach Osten, nach Bosnien.

Herzliche Grüsse!

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