Dienstag, 30. August 2011

Drug Tito




Lange hat es gedauert, bis ich endlich den Weg nach Kumrovec, zu einem kleinen, musealen Dorf an der slowenisch-kroatischen Grenze gefunden habe. Kumrovec wird als „Staro Selo“, als „Altes Dorf“ gehandelt. Man bezahlt Eintritt um die improvisierten Holzschranken zu passieren, welche die gepflasterte Dorfstrasse von der asphaltierten Strasse abtrennt. Nachdem ich mein Auto auf dem nahegelegenen Parkplatz abgestellt hatte, parkierte direkt neben mir ein Auto mit italienischem Kennzeichen. Bis an den Rand vollgepackt, strahlte die ganze Karre das reinste Feriengefühl aus. Ein mittelalterliches Paar stieg aus dem Auto aus und der Mann fragte mich in seiner Landessprache ob ich vielleicht ein Bisschen italienisch spräche. „Un poco“, meine Antwort. Ob hier das Grab von Josip Broz Tito zu finden sei, wollte der Mann weiter von mir wissen. Das Grab? Nein, das befinde sich in Belgrad. Die Enttäuschung war dem italienischen Paar ins Gesicht geschrieben. „Aber in diesem kleinen Dorf ist Tito auf die Welt gekommen, hier befindet sich sein Geburtshaus“, begann ich den Beiden zu erklären. „La casa natale!“ Die Freude war in die Gesichter der Beiden zurückgekehrt, sie bedankten sich bei mir und machten sich auf den Weg ins Staro Selo.
Die Kroaten machen kein grosses Aufsehen darüber, dass Tito in eben diesem Kumrovec vor 119 Jahren geboren wurde. Wären nicht die T-Shirts, Feuerzeuge und Postkarten mit dem Gesicht vom Mareshal im Souvenirladen zu erwerben und würde nicht die gusseiserne Statue des Oberpartisanen im Garten vor dem Häuschen stehen, man hätte keine Ahnung, dass in eben diesem Dorf der Mann zur Welt gekommen ist, der Jugoslawien während 36 Jahren führte und gestaltetet. Die Plakette, welche an Titos Geburtshaus befestigt ist trägt die Aufschrift: „Hier ist Freund Tito zur Welt gekommen“. Drug Tito, Freund Tito, ein Ausdruck den man in den Ländern des ehemaligen Jugoslawien öfters zu hören bekommt. Wahrscheinlich nicht ganz so oft in Kroatien und Serbien. In Bosnien-Hercegowina jedenfalls war der Ausdruck „Drug Tito“ noch geläufig. Titos Bild in der post-jugoslawischen Gesellchaft hat sich selbstverständlicherweise im Laufe der Jahre stark geändert. Zumal anzumerken ist, dass er auch während seiner Lebzeit innerhalb seines Landes nicht jedermanns Freund gewesen war. Bei seinem Tod im Jahre 1980 galten ihm aber die Sympathien ganz Jugoslawiens und wohl grossen Teilen der Welt. Zu seinem Begräbnis in Belgrad sind Dutzende von Staats- und Regierungschefs erschienen. Der Zug mit seinem Leichnahm, welcher von durch halb Jugoslawien nach Belgrad tarnsportiert wurde, begleiteten Tausende von Jugoslawinnen und Jugoslawen weinend am Schienenrand stehend. Der Tod des Freund Tito war eine Tragödie für eine ganze Gesellschaft. Bald nach dem Tod Titos wurden die Probleme innerhalb Jugoslawiens immer offensichtlicher. Finanziell völlig am Boden begann der Vielvölkerstaat auseinderzubrechen, Jahre bevor der Krieg in Slowenien, Kroatien und Bosnien-Hercegowina losging. Heute scheint Tito wohl nicht unschuldig für die Tragödie welche sich seit der Unabhängigkeit Sloweniens von Jugoslawien im Jahre 1991 abgespielt hat. Er war es schliesslich gewesen, der die Länder mit oftmals eiserner Hand zusammengehalten hat. Für ihn gab es keine andere Option als dieses Jugoslawien, dafür hat er gelebt und diesen Gedanken hat er auch mit in sein Grab nach Belgrad genommen. Ich habe mir übrigens sagen lassen, dass das Mausoleum von Freund Tito in Belgrad langsam am verkommen sei. Die Dauerwachen vor dem Grab hätten sich aufgelöst und man spekuliere bereits darüber, dass viele Serbinnen und Serben das Grab Titos lieber an einem anderen Ort sähen... Ob diese Gerüchte war sind, das weiss ich nicht. Klar ist: noch immer kommen Jahr für Jahr Toursiten nach Kumrovec um das kleine Haus zu sehen in welchem im Jahre 1892 der Freund Tito zur Welt gekommen ist. Mich hat der Besuch der Geburtsstätte irgendwie auch seltsam berührt...







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