Montag, 5. September 2011

Lendavske Gorice


Die Hügel, welche in Lendava die Grenze zwischen Slowenien und Ungarn bilden nennt man Lendavske Gorice; Lendava Hügel. Es sind wunderschön geschwungene Linien, die sich wie ein Netz im Gebiet Prekmurije nach vielen Kilometer Ebene endlich mal wieder etwas in die Höhe schwingen. Diese Hügel sind durchsetzt mit zahlreichen Weinbergen, welche in dieser Jahreszeit voller kleiner, süssen Trauben sind. Noch hat die Weinlese hier nicht begonnen, doch dieses Jahr wird sie wohl früher als in anderen Jahren über die Bühne gehen.
Die Lendava Hügel werden bereits seit langer Zeit bewirtschaftet. Bereits vor 150 Jahren bauten sich Menschen aus der Ebene hier ihre „Wochenend-Häuschen“. Mindestens zwei Mal pro Jahr zog dann die ganze Familie, mit Huhn, Kuh und Kegel in die Hügel um das Land zu pflegen, zu bewirtschaften oder um die Ernte einzubringen. Dauerhaft gelebt hat man hier wohl kaum. Die Menschen in jener Zeit haben sich aus heutiger Sicht wunderschöne, kleine Häuschen gebaut. Häuser, die aus unseren Augen betrachtet, eine ländliche Idylle ausstrahlen, nach der wir uns irgendwie zurück sehnen, die wir aber nie mehr erreichen werden. Nur noch ein paar wenige dieser alten, traditionellen Häuser stehen heute in den Hügeln oberhalb Lendavas. Fast alle sind dem Zerfall nahe, benutzt werden vielleicht noch zwei. Die Mauern der Häuser bestehen aus einem Holzgerüst, welches man mit einer Mischung aus Lehm, Erde und Stroh ausfüllte. Das Dach bestand vollständig aus dick gebündeltem Schilf welches man am Balatonsee, rund 100 Kilometer östlich in Ungarn geschnitten hatte. Im Sommer musste es in diesen Häuschen angenehm kühl gewesen sein.
Janez erzählte, wie der nationale Denkmalschutz Sloweniens vor einigen Jahren die damals noch benutzten Häuschen unter seine Obhut gestellt hatte. Kurze Zeit später waren alle Häuser unebwohnt und begannen wirklich zu verfallen. Wie war das möglich? Der Denkmalschutz wollte alles so erhalten wie es war, man sollte die Häuser lediglich sanieren und durfte nichts vollständig erneuern. Auch wurde den Besitztern verboten, das Haus ihren Bedürfnissen entsprechend umzugestalten; zum Beispiel einen Weinkeller anzubauen. Die Folge davon war, dass die Häuser nicht mehr bewohnbar waren weil man ihnen den Sinn genommen hatte. Historisches historisch erhalten ohne daraus ein Museum zu machen ist wahrscheinlich ein Ding der Unmöglichkeit. Denn das Leben bleibt nicht stehen, es entwickelt sich weiter und strebt vorwärts. Die alten, unter Schutz stehenden Weinhäuser konnten mit Entwicklung nicht mithalten. Heute hat niemand mehr etwas von Ihnen, weder der Wanderer welcher einen Spaziergang in den Weinbergen geniesst, noch der Winzer welcher hier seinen Wein anbaut.
Die Häuschen, die heute in Lendavske Gorice gebaut werden sind weitaus simplerer Natur. Häufig bestehen sie aus einer unverputzten Backsteinmauer und wenn man Glück hat haben sie auch ein Ziegeldach. Zwar zieren nach wie vor Geranien die Fenstersimse dieser Häuser, die Idylle ist aber irgendwie verschwunden. Stil und bauliche Schönheit ist eine Frage des Geschmackes, ich weiss. Auch ist heute ewas schön und interessant, was morgen bereits als grosses Fragezeichen in der Landschaft steht. Mir scheint es aber doch, dass die Menschen früher ihrem Wohn- und Lebensort mehr Stil und Schönheit beschert haben. Ich kann mir schlicht nicht vorstellen, dass jemand unverputzte Backsteinmauern schön findet.

„Ma maison et mon château“, dieser Satz bleibt mir aus dem Französisch Unterricht wohl ein Leben lang im Gedächtnis. Ein Schloss definiert sich demnach nicht über seine Grösse oder seinen Umschwung, sondern rein dadurch, dass man es für sich zu einem Schloss macht. Hier lebe ich; nennt mich König, Kaiser, Fürst oder auch einfach bei meinem Vornamen. Das ist mein zu Hause und ich bin stolz darauf.



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