Gestern
Abend war es soweit. Der noch amtierende Stadtpräsident Franc Kangler ist
wegen den anhaltenden und heftigen Strassenproteste in den vergangenen Wochen
zurück getreten. Sollte er nun per Ende Dezember mit seiner gesamten Entourage
das Gemeindehaus räumen, so wäre eine zentrale Forderung der Demonstranten
erfüllt. Doch dabei wird es nun wohl nicht bleiben. Denn Franc Kangler ist im
Sumpf der Korruption, welcher hier in Slowenien grösser ist als man gemeinhin
annimmt, wahrscheinlich noch ein kleiner Fisch. Auf jeden Fall war er nicht
intelligent genug seine Machenschaften soweit von der Öffentlichkeit
fernzuhalten, dass man ihn nicht derart leicht hätte überführen können. Die
Proteste haben sich mittlerweile auf das ganze Land ausgeweitet. Die Forderung
ist dieselbe in Maribor, wie in Ljubljana oder in Celje: Weg mit der korrupten
Elite. "Gotof si!" - "Sie sind alle fertig!"
Die
Proteste in den letzten Wochen haben stets nach dem gleichen Muster begonnen.
Zuerst versammelten sich Tausende von Menschen auf dem Freiheitsplatz im
Zentrum von Maribor um friedlich aber lautstark ihre Forderung heraus zu
schreien: "Gotof je!" - "Er ist fertig!". Letzten Montag
versammelten sich nicht weniger als 20'000 Menschen auf dem Platz, für eine
Stadt wie Maribor eine unglaubliche Zahl. Die Demonstranten wurden von den
Organisatoren gebeten, sich nicht dem Gemeindehaus zu nähern. Nach rund einer
Stunde war die Menge aber nicht mehr aufzuhalten und bald einmal standen
Tausende Menschen direkt vor dem Gemeindehaus, welches notdürftig von
zahlreichen Polizisten in Vollmontur bewacht wurde. Bald flogen die ersten
Steine, Flaschen und Farbsäcke. Nach mehreren zerschlagenen Scheiben begann die
Polizei die Menge mit Tränengas vom Gemeindehaus weg zu treiben. Die Folge war
eine mehrere Stunden andauernde Strassenschlacht mit der Polizei, in deren
Folge es zu zahlreichen Festnahmen kam.
Am
15. Dezember geht hier in Maribor offiziell das Jahr der europäischen
Kulturhauptstadt zu Ende. Für den 14. Dezember sind erneute Proteste angesagt
und am 21. Dezember gibt es den landesweiten "Bürgeraufstand".
Slowenien stehen revolutionäre Zeiten bevor und manch ein Politiker mag sich
wohl fragen, ob das Jahr der europäischen Kulturhauptstadt vielleicht auch sein
letztes Amtsjahr gewesen sein wird.
Mag
Maribor im Verlauf dieses Jahres nicht die Aufmerksamkeit bekommen haben, die
es sich durch den erwähnten Titel erhofft hat, so sprechen nun zumindest bereits die
österreichischen Nachbarn intensiv über ihr südliches Nachbarland. Die
Zeitungen berichten noch verhalten von den Protesten und Leserbriefschreiber in
der "Kleinen Zeitung" fragen sich ob das an der empfindlichen Nähe
zur steirischen Landeshauptstadt Graz liegen mag. Die 70 Kilometer scheinen
wenig zu sein in Anbetracht der Korruptionsskandale, die auch in der
österreichischen Politik für Schlagzeilen sorgen.
Hier
in Maribor sind die Demonstrationen im Moment das einzige Thema. Bereits wurden
Bürgerinitiativen gegründet für das Neue Maribor. In Räumlichkeiten, die im
Moment noch von Kulturhauptstadt Geldern finanziert werden.
Es
ist sehr schwierig zu sagen, wie es nun mit den Protesten weiter gehen wird.
Sicher ist aber, dass Maribor sich in diesem Jahr verändert hat und dass die
Veränderungen die Europäische Kulturhauptstadt 2012 auch im nächsten Jahr
beeinflussen werden. Die Kulturhauptstadt; ein nachhaltiges Projekt!
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