Abschliessen möchte ich dieses Jahr mit einem kleinen Text, zu dem ich auf der Rückreise nach Bosnien inspiriert wurde. Es wurde in letzter Zeit sehr viel über Bosnien-Hercegowina gesagt; deshalb hier nun eine Liebeserklärung an Ungarn.
Mein Ungarn ist ein Grenzland, ein fliessender Übergang zwischen Kroatien und Slovenien und neuerdings auch von Österreich aus erreichbar.
Mein Ungarn ist ein kleines Land, erfahrbar mit dem Fahrrad, dem Auto oder mit einem Bummlerzug, der an weiss Gott was für Bahnhöfen Halt macht, deren Namen mir länger erscheinen als die schnurgerade Strasse durchs gleichnamige Zentrum des Dorfes.
Mein Ungarn ist flach, wobei diese Fläche ab und zu durch alte, längst von Gras und Büschen bewachsenen Vulkankegeln unterbrochen wird.
Mein Ungarn liegt am Meer, am Pannonischen Meeresbusen, der die Bewohner dieses Landes mit Würsten, Bier, Tokai und der von mir heissgeliebten Eszterhazy Torte versorgt.
In meinem Ungarn tragen die Männer Schnauz, sind hochgewachsen und in Wolle gekleidet.
In meinem Ungarn sprechen die Frauen slovenisch.
Mein Ungarn kennt Budapest höchstens als den weit entfernten grossen Bruder, den zu besuchen zwar möglich, aber nicht unbedingt nötig ist.
Es waren nicht mehr als Stipvisiten, die mich bisher nach Ungarn gebracht haben. Eintägige Ausflüge mit dem Auto, bei welchen wir, Nataša, ihre Familie und ich, meistens kurz nach Passieren der Grenze in einem typisch ungarischen Cafe Halt gemacht habe. Dort gab es dann den typisch ungarischen Milchkaffee und dazu ein ungarisches Kipferl. Die Eszterhazy Torte gab es nie, denn die kriegte ich bisher nur im ungarischen Kulturzentrum in Lendava, Slovenien. Sowieso habe ich in Slovenien bisher mehr über die ungarische Kultur erfahren als in Ungarn selber. So weiss ich zum Beispiel auch, dass die Ungarn ein Volk von Stelzenläufern sind; ja dass sie sogar Tänze und Kämpfe auf Stelzen auszutragen vermögen und mit den langen typisch ungarischen Stelzenschritten ganze Bäche überspringen können. Ihr flaches Land am Pannonischen Meer scheint mir für diese sportliche Leistung auch bestens geeignet.
Immer mehr wird es für mich zu einem Rätsel, weshalb sich die Ungarn keine eigene Schreibweise angeeignet haben. Dabei denke ich an nur für die ungarische Sprache zu gebrauchende Schriftzeichen. Ich werde den Verdacht nicht los, dass die geschriebene ungarische Sprache eineTarnung ist, ein offizielles Skriptum mit welchem man, aus weiss Gott was für Gründen, ausländischen Besuchern und Ungarn-Liebhabern, wie mich, vom Erlernen dieser wunderschönen Sprache abhalten will. Es geht mir nicht in den Kopf, weshalb die ungarischen Gelehrten, von welchen es in diesem Land bestimmt eine Menge gibt, kein rationelleres, ihrer gesprochenene Sprache besser angepasstes Schriftbild entwickelt haben.
Als mögliche Grundlage für diesen Verdacht möchte ich die Anschrift einer ungarischen Bank anfügen, die da lautet: RUM ES VIDEKE TAKAREKSZÖVETKEZET. (Man muss es dann aber beim Umschreiben von Namen auch nicht dermassen auf die Spitze treiben wie die Menschen serbo-kroatischer Zunge die den Autor des Buches HUIT-CLOS als Šan Pol Sartr betiteln. Dergestalt glaube ich auch an das Weiterleben des King of Pop, denn eine Todesanzeige ist hier nur unter dem Namen Majkel Čakson erschienen.)
Ich spreche noch kein Bosnisch, doch als ich in Pecs, Ungarn, im Taxi sass und der Fahrer nach einem ungarischen Redeschwall überraschenderweise auf serbo-kroatisch wechselte, ist mir die bosnische Zunge so locker geworden, als hätte ich meiner Lebtags keine andere Sprache gesprochen.
In meinem Ungarn scheinen die Menschen immer zu lachen. Dazu sprechen sie auf mich ein, als hätten sie noch nie einen Menschen ohne Schnauz gesehen. Unweigerlich denke ich dann jeweils an die Aufschrift vor der Bank und relativiere die Länge des Redeschwalls bezüglich dessen Aussage.
Wie auch immer es sei; die Ungarn sind für mich das liebenswürdigste Volk weit und breit.
Meine Ungarn fahren am liebsten den Trabant. Diesen wohl schönsten Wagen, der die Rundungen dieser Erde befährt, scheint mir für Ungarn geradezu bestens geeignet zu sein. Als ich in Szentgotthardt, kurz nach der Österreichisch-Ungarischen Grenze ein besonders schönes Exemplar betrachtete, kam ein alter Ungare lachend auf mich zu und begann mit mir zu sperechen. Eigentlich sollte ich schreiben: er begann mit mir zu sagen. (Sprechen beinhaltet bekannterweise einen Wortwechsel.) Als er nach längerer Zeit merkte, dass ich dem Ungarisch nicht mächtig genug war, führte er mich kurzerhand in einen Trödelladen auf der anderen Strassenseite. Dort erfuhr ich von Benedek Ferenc, wir unterhielten uns auf Englisch, die Botschaft des Trabant Besitzers: Sein Auto war ganze 33 Jahre alt!
Wir sprachen noch kurz weiter auf Englisch, viel gibt es ja in dieser Sprache nicht zu sagen, und verabschiedeten uns dann, wobei mir Benedek seine Visitenkarte in die Hand drückte. (Er führt einen HASZNALT CIKK-BIZOMANYI, einen GEBRAUCHTE ARTIKEL KOMMISSIONSWARE LADEN. Bestellungen und Anfragen können unter http://www.ad-vesz.hupont.hu/ eingereicht werden.)
Ich liebe Ungarn. Ich habe Ungarn geliebt als ich es noch gar nicht kannte und meine Liebe zu diesem Land wächst in einem solchen Masse, dass ich mir hier und jetzt, ich bin längst nicht mehr am Pannonischen Meer, kaum vorstellen kann ohne mein Ungarn zu leben.
Und trotzdem; ich will mich dieser Liebe nicht hingeben. Denn ich glaube zu ahnen, dass es für mich und Ungarn besser ist, dieses Land am Pannonischen Meer so in Erinnerung zu behalten wie ich es kennengelernt habe: ganz persönlich, ganz intim und völlig echt!
Mein Ungarn ist ein Grenzland, ein fliessender Übergang zwischen Kroatien und Slovenien und neuerdings auch von Österreich aus erreichbar.
Mein Ungarn ist ein kleines Land, erfahrbar mit dem Fahrrad, dem Auto oder mit einem Bummlerzug, der an weiss Gott was für Bahnhöfen Halt macht, deren Namen mir länger erscheinen als die schnurgerade Strasse durchs gleichnamige Zentrum des Dorfes.
Mein Ungarn ist flach, wobei diese Fläche ab und zu durch alte, längst von Gras und Büschen bewachsenen Vulkankegeln unterbrochen wird.
Mein Ungarn liegt am Meer, am Pannonischen Meeresbusen, der die Bewohner dieses Landes mit Würsten, Bier, Tokai und der von mir heissgeliebten Eszterhazy Torte versorgt.
In meinem Ungarn tragen die Männer Schnauz, sind hochgewachsen und in Wolle gekleidet.
In meinem Ungarn sprechen die Frauen slovenisch.
Mein Ungarn kennt Budapest höchstens als den weit entfernten grossen Bruder, den zu besuchen zwar möglich, aber nicht unbedingt nötig ist.
Es waren nicht mehr als Stipvisiten, die mich bisher nach Ungarn gebracht haben. Eintägige Ausflüge mit dem Auto, bei welchen wir, Nataša, ihre Familie und ich, meistens kurz nach Passieren der Grenze in einem typisch ungarischen Cafe Halt gemacht habe. Dort gab es dann den typisch ungarischen Milchkaffee und dazu ein ungarisches Kipferl. Die Eszterhazy Torte gab es nie, denn die kriegte ich bisher nur im ungarischen Kulturzentrum in Lendava, Slovenien. Sowieso habe ich in Slovenien bisher mehr über die ungarische Kultur erfahren als in Ungarn selber. So weiss ich zum Beispiel auch, dass die Ungarn ein Volk von Stelzenläufern sind; ja dass sie sogar Tänze und Kämpfe auf Stelzen auszutragen vermögen und mit den langen typisch ungarischen Stelzenschritten ganze Bäche überspringen können. Ihr flaches Land am Pannonischen Meer scheint mir für diese sportliche Leistung auch bestens geeignet.
Immer mehr wird es für mich zu einem Rätsel, weshalb sich die Ungarn keine eigene Schreibweise angeeignet haben. Dabei denke ich an nur für die ungarische Sprache zu gebrauchende Schriftzeichen. Ich werde den Verdacht nicht los, dass die geschriebene ungarische Sprache eineTarnung ist, ein offizielles Skriptum mit welchem man, aus weiss Gott was für Gründen, ausländischen Besuchern und Ungarn-Liebhabern, wie mich, vom Erlernen dieser wunderschönen Sprache abhalten will. Es geht mir nicht in den Kopf, weshalb die ungarischen Gelehrten, von welchen es in diesem Land bestimmt eine Menge gibt, kein rationelleres, ihrer gesprochenene Sprache besser angepasstes Schriftbild entwickelt haben.
Als mögliche Grundlage für diesen Verdacht möchte ich die Anschrift einer ungarischen Bank anfügen, die da lautet: RUM ES VIDEKE TAKAREKSZÖVETKEZET. (Man muss es dann aber beim Umschreiben von Namen auch nicht dermassen auf die Spitze treiben wie die Menschen serbo-kroatischer Zunge die den Autor des Buches HUIT-CLOS als Šan Pol Sartr betiteln. Dergestalt glaube ich auch an das Weiterleben des King of Pop, denn eine Todesanzeige ist hier nur unter dem Namen Majkel Čakson erschienen.)
Ich spreche noch kein Bosnisch, doch als ich in Pecs, Ungarn, im Taxi sass und der Fahrer nach einem ungarischen Redeschwall überraschenderweise auf serbo-kroatisch wechselte, ist mir die bosnische Zunge so locker geworden, als hätte ich meiner Lebtags keine andere Sprache gesprochen.
In meinem Ungarn scheinen die Menschen immer zu lachen. Dazu sprechen sie auf mich ein, als hätten sie noch nie einen Menschen ohne Schnauz gesehen. Unweigerlich denke ich dann jeweils an die Aufschrift vor der Bank und relativiere die Länge des Redeschwalls bezüglich dessen Aussage.
Wie auch immer es sei; die Ungarn sind für mich das liebenswürdigste Volk weit und breit.
Meine Ungarn fahren am liebsten den Trabant. Diesen wohl schönsten Wagen, der die Rundungen dieser Erde befährt, scheint mir für Ungarn geradezu bestens geeignet zu sein. Als ich in Szentgotthardt, kurz nach der Österreichisch-Ungarischen Grenze ein besonders schönes Exemplar betrachtete, kam ein alter Ungare lachend auf mich zu und begann mit mir zu sperechen. Eigentlich sollte ich schreiben: er begann mit mir zu sagen. (Sprechen beinhaltet bekannterweise einen Wortwechsel.) Als er nach längerer Zeit merkte, dass ich dem Ungarisch nicht mächtig genug war, führte er mich kurzerhand in einen Trödelladen auf der anderen Strassenseite. Dort erfuhr ich von Benedek Ferenc, wir unterhielten uns auf Englisch, die Botschaft des Trabant Besitzers: Sein Auto war ganze 33 Jahre alt!
Wir sprachen noch kurz weiter auf Englisch, viel gibt es ja in dieser Sprache nicht zu sagen, und verabschiedeten uns dann, wobei mir Benedek seine Visitenkarte in die Hand drückte. (Er führt einen HASZNALT CIKK-BIZOMANYI, einen GEBRAUCHTE ARTIKEL KOMMISSIONSWARE LADEN. Bestellungen und Anfragen können unter http://www.ad-vesz.hupont.hu/ eingereicht werden.)
Ich liebe Ungarn. Ich habe Ungarn geliebt als ich es noch gar nicht kannte und meine Liebe zu diesem Land wächst in einem solchen Masse, dass ich mir hier und jetzt, ich bin längst nicht mehr am Pannonischen Meer, kaum vorstellen kann ohne mein Ungarn zu leben.
Und trotzdem; ich will mich dieser Liebe nicht hingeben. Denn ich glaube zu ahnen, dass es für mich und Ungarn besser ist, dieses Land am Pannonischen Meer so in Erinnerung zu behalten wie ich es kennengelernt habe: ganz persönlich, ganz intim und völlig echt!