Dienstag, 11. Januar 2011

Projekt-Menschen


Manchmal gibt es doch Wörter, die man so oft hört und vielleicht auch selber braucht, dass sie im Laufe der Zeit sich verwaschen, fast schon unbedeutend werden. Eigentlich sind es Wörter und Ausdrücke, die man mag, die man gerne in den Mund nimmt. Es kommt dann aber der Moment, an welchem man sie nur noch zögerlich über die Lippen bringt.

Einer dieser verwaschenen Ausdrücke ist für mich das Wort "Projekt". Ich bin ein "Projekt-Mensch" umgeben von "Projekt-Freunden". Gemeinsam ist uns nicht selten die Angewohnheit, dass wir uns gerne mit eigenen Projekten beschäftigen. Wir arbeiten mal in diesem, mal in jenem Projekt und versuchen zu verstehen, welches der vielen Projekte uns am meisten zusagt. Dies beschäftigt uns so lange, bis wir schliesslich unser eigenes Projekt realisieren und darin aufgehen möchten. Ganz wie ein Brot im Ofen.

Hier in Slowenien scheint mir diese Projekt-Arbeit unter unseren Freunden ebenfalls allgegenwärtig zu sein. Manchmal ist der fliessende Übergang von Projekt zu Arbeit nur schwer auszumachen. Matei arbeitet im Bereich der Kulturvermittlung, er gründete einen Verein welcher nun die Idee hat, im Jahr der Kulturhauptstadt 2012 ein Kulturtaxi ins Leben zu rufen; ein ausgebauter Kleinbus, welcher Kulturinteressierte von einer Veranstaltung zur anderen bringt und dabei noch Kunst im Bus erleben lässt. Ein Projekt. Viel Arbeit.

In der Schweiz gibt es meiner Ansicht nach auch viele Projekt-Menschen. Nur dort mit dem Unterschied, dass die meisten von ihnen sich Projekte für die Freizeit aufsparen. Daneben gibt es eine Arbeit, ein Arbeitsleben, mit allem was dazu gehört.

In Sarajevo traf ich fast keine Projekt-Menschen an. Das Projekt nennt sich dort Leben und man tut gut daran, so viel Zeit und Energie wie möglich dort hinein zu geben wenn man irgendwie vorwärts kommen will. Wer keine Arbeit hat sucht sich welche. Socken zu stricken und sie auf den Brücken der Stadt für 2 Euro zu verkaufen ist kein Projekt, sondern Überleben.

Nicht alle Projekte sind da, damit man sie realisiert. Einige existieren nur, damit man sich an ihnen die Zähne ausbeisst und irgendwie weiter kommt. Vielleicht kann man diejenigen Projekte auch Visionen nennen. Mir scheinen sie nicht weniger wichtig als die konkret umgesetzten Ideen. An Visionen kann man wachsen; wie in einem Wald sich von Ast zu Ast hangeln. Sie bringen uns dem Projekt "Leben" näher. In dieser Hinsicht sind wir alle "Projekt-Menschen".

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