Sonntag, 2. Januar 2011

Unser Fürstenstein

Als ich letzten Winter mehrere Monate in Sarajevo zugebracht hatte, verspürte ich ein enormes Interesse daran, der Geschichte dieser Stadt und überhaupt der ganzen Gegend etwas auf den Grund zu gehen. Ich habe mir damals vorgenommen, diese Wachheit gegenüber der Gegend die uns umgibt mitzunehmen, wenn ich dann die Stadt verlassen sollte. Dass ich mir damit keine leichte Aufgabe gemacht habe, wird mir seither immer wieder bewusst. Nicht überall begegnet einem Geschichte dermassen auf Schritt und Tritt wie mir dies in Sarajevo passiert ist. Nicht immer hat man Zeit und Lust die eigene Umgebung zu hinterfragen und den Spuren, welche da überall im Laufe der Zeit hinterlassen wurden, nachzugehen.

Heute habe ich aber wieder einmal eine interessante und lustige Entdeckung gemacht. Zwar fehlt mir das historische Wissen um Details zu klären, Kenner mögen mir verzeihen, doch glaube ich durch eine Mischung aus Buch- und Internetrecherche die Verwandtschaft der Helveten und Helvetinnen mit den Sloweninnen und Slowenen entdeckt zu haben...

Beginnen wir mit dem verstorbenen österreichischen Politiker Jörg Haider: Nachdem die slowenische Nationalbank im Jahre 2007 bei der Einführung des Euro als Landeswährung den Fürstenstein auf der 2-Cent Münze abbilden liess, zögerte der damalige Landeshauptmann Haider nicht eine Sekunde, den historischen Fürstenstein aus dem Kärntner Landesmuseum demonstrativ in das Foyer der Kärtner Landesregierung transportieren zu lassen. Auf Haiders Initiative ist der Fürstenstein seit 2007 auf allen amtlichen Dokumenten und dem Briefpapier des Landes Kärnten als Symbol der Landesregierung abgebildet.
Die Slowenen wiederum sehen im Fürstenstein ein fast schon prä-national-historisches Relikt, wurden doch auf diesem Stein seit dem 6. Jahrhundert die slawischen Fürsten vereidigt; das Ritual fand damals in einer alt-slowenischen Sprache statt. Dass das Fürstentum Bayern, das Ritual rund um die abgeschlagene, römische Säule (dem Fürstenstein) später übernommen hat, macht für slowenische Historiker die Sache nicht unbedeutender.

Dass das österreichische Kärnten seinen Namen vom historischen Karantanien abgeleitet hat versteht sich von selbst. Forscht man im Internet etwas weiter rund um dieses Karantanien herum erfährt man jedoch so einiges Interessantes. Unter anderem eben auch von der Verwandtschaft der "Slowenen" mit den "Helveten".

Karantanien war ein im 7. Jahrhundert nach Christus entstandenes slawisches Fürstentum mit Zentrum im Gebiet des heutigen Kärnten. Über Kärnten hinausreichend und als ein erstes eigenständiges und stabiles Staatsgebilde nach der Völkerwanderung war es entscheidend für die Geschichte Kärntens und die der Steiermark und Sloweniens. Die in der Wissenschaft Alpenslawen, auch Vinedi genannten ethnischen Vorfahren der Slowenen, besiedelten am Ende des 6. Jahrhunderts in relativ kurzer Zeit den östlichen Teil der Ostalpen. Diese Slawen werden im 7. Jahrhundert als carantani, sclavani, sclavi, sclavoni oder veneti bezeichnet. Die Germanen nannten sie Winedi, Winadi oder Winden. Zwar exisitierte Karantanien nur gerade ein gutes Jahrhundert lang, hat aber sprachgeschichtlich wichtige Wurzeln hinterlassen.

Das in vielen europäischen Sprachen ähnlich klingende Wort „Sklave“ soll laut einigen Forschern demnach auch von der Volksgruppe der sclavani herstammen, also jener Alpenslawen, welche als Urfahren der heutigen Slowenen gelten. Die umliegenden Bevölkerungsgruppen gaben den Alpenslawen verschiedene Namen. Die Germanan nannten sie, wie bereits erwähnt, Winden. Ein Ausdruck der sich vom lateinischen Namen Venetae ableitet. Obwohl eine sichere ethnische Zuordnung der Venetae zu den Winden nicht möglich ist, hat diese Verbindung schon zu manchen Spekulationen Anlass geboten.
Der „Veneter-Kult“ und die Veneter-Theorie von den Historikern Šavli und Bor erfreuen sich selbstversändlicherweise allen voran in Slowenien großer Beliebtheit. Die slawischen Karantanen sollen nach Šavli und Bor von den antiken Venetern abstammen.

Ich persönlich würde die Verwandtschaftslinie sogar noch weiter nach nordwesten hin ziehen. Laut zahlreichen historischen Quellen wird nämlich vermutet, dass ihre Ansiedlung sogar noch weiter nach Norden reichte, nämlich mindestens bis an die heutige Schweizer Grenze. Der Bodensee wird in römischen Quellen als lacus venetus bezeichnet.

Obwohl historische Rundumschläge selten hilfreich und erhellend sind, freut es mich doch sehr, dass mir einmal mehr zum Bewusstsein gekommen ist, wie sehr Geschichte eine Frage des Standpunktes ist. Mit etwas Überzeugungskraft würde man nämlich bestimmt einige verrückte Helveter dazu bringen können, eine Entführung des Fürstensteins aus dem Kärntner Landesmuseum (dort steht er nämlich heute wieder) in die Wege zu leiten; schliesslich gehört er ja auch ein Bisschen uns.

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