Jedem sollte man verordnen, von zeit zu Zeit auf reisen zu gehen (...) Ja mehr noch; verordnen sollte man, dass er sich nie länger als nötig aufhalte. Der Mensch ist kein Baum, das gebunden sein ist sein Unglück, es nimmt ihm den Mut, mindert sein Selbstgefühl. Wenn der Mensch sich an einen Ort bindet, geht er auf alle Bedingungen, auch die ungünstigen, ein, er macht sich selber Angst, mit der Ungewissheit die auf ihn warte.
Seit ich wieder zurück in Sarajevo bin, besuche ich fast täglich das türkische Kulturzentrum. Es liegt in unmittelbarer Nähe der Bščaršija; ein altes Haus, welches jedoch dank der Hand eine begabten Archidekten in ein helles und trotz des alten Holzbodens modernes Gebäude umgewandelt wurde. Bestimmt hat der türkische Staat viel Geld in dieses Kultur Zentrum investiert. Am letzten Wochenende war der türkische Premierminister zu Besuch in Sarajevo. Ich war zu diesem Zeitpunkt noch in Podgorica, weiss jedoch von einem befreundeten Kellner, dass der Premierminister auch das Kulturzentrum besucht habe.
Im obersten Stock dieses Hauses (eine grosse Fensterfront geht direkt auf die niedrigen Dächer der Baščaršija hinaus) befindet sich ein wunderschön eingerichtetes Teehaus; ich sage bewusst Teehaus, denn ich bin mir nicht einmal sicher, ob dort überhaupt Kaffee serviert wird (sowieso scheint das typisch türkische Getränk am Bosporus gar nicht so beliebt zu sein wie es der Ruf eigentlich will...). Ich jedenfalls liess mir von Hamed immer nur den heissen, starken und gut gesüssten türkischen Tee servieren. Dabei sitzt man auf Kissen auf dem Holzboden oder man legt sich so ganz römisch einfach auf eine niedrige weiche Bank; Platz genug gibt es meistens, ich war stets der einzige Besucher.
Mit Hamed kam ich ins Gespräch, als er vor dem Computer sitzend mich fragte, ob ich ihm beim Lesen eines englischen Textes behilflich sein könne. Er besuchte gerade die offizielle Webseite der australischen Regierung, Abteilung "Einwanderungsamt". Hamed erzählt mir, dass er das Wochenende zuvor in Zagreb auf der australischen Botschaft gewesen sei, um sich die nötigen Papiere zu beschaffen, die er für die Emmigration nach Australien benötigte. Man überreichte ihm einen ganzen Katalog mit Berufsbezeichnungen. Jeder Beruf war mit einem Zahlencode versehen, welcher man auf seinen Papieren vermerken musste, wollte man erfolgreich nach Australien auswandern. Für Hamed gab es ein grosses Problem: er konnte seinen Beruf auf der langen Liste einfach nicht finden und bat mich deshalb darum, auch einen Blick darauf zu werfen; vergeblich...
Hamed hatte hier in Sarajevo die Ausbildung zum Kellner gemacht (eine mehrjährige Berufsausbildung, welche auch die Arbeiten als Barkeeper oder die Tätigkeiten im Catering-Service mit einschliessen). Anscheinend jedoch gibt es diese Arbeit als offiziellen Beruf in Australien nicht, denn ausser der Bezeichnung "cook" und "hotel manager"fanden wir nichts, was der Arbeit eines Kellners ähnlich war. Für Hamed eine äusserst unangenehme Tatsache, konnte er sich nur mit dem Verweis auf den entsprechenden Zahlencode hinter der Berufsbezeichnung die nötigen Papiere auf der australischen Botschaft beschaffen.
Hamed ist ein junger Mann von 25 Jahren, er hat eine verhältnismässig sehr gute Arbeit hier in Sarajevo (sein Arbeitgeber ist der türkische Staat, sein Gehalt deutlich höher als der bosnische Durchschnitt) aber er will nach Australien auswandern. Dies nicht etwa weil er Verwandte oder Freunde auf der anderen Seite der Welt hätte, sondern deshalb, weil er ziemlich gut englisch spricht und weil er gehört hat, dass Australien ein offenes Land für Menschen aus aller Welt sei.
Wechsel des Ortes, das heisst für ihn: Im Stich lassen, aufgeben, das Geschaffene verlieren, das heisst, dass den Raum, den er gewonnen hat, ein anderer einnimmt und dass er selbst von vorn wird beginnen müssen. Sich eingraben, das ist der eigentliche Beginn des Alterns, denn der Mensch ist jung, solange er sich nicht fürchtet, neu zu beginnen. Wenn der Mensch bleibt, ist er Duldender oder Angreifer. Zieht er fort, so bewahrt er die Freiheit, so steht es bei ihm, den Ort und die aufgedrängten Bedingungen zu ändern.
Auf meine Frage hin, wann Hamed denn gedenke nach Australien zu gehen meinte er: "Die Ausstellung der Papiere dauert, so hat man mir gesagt, ungefähr drei Monate. Es ist also möglich, dass ich Ende dieses Sommers bereits weit weg von Bosnien bin." Australien ist für Hamed nich die erste sich bietende Option von hier weg zu gehen. Kürzlich war er nämlich in Tuzla. Dort hielt die US-amerikanische Armee eine Informationsveranstaltung ab. Gesucht wurden Kellner und Köche auf den Truppenstützpunkten in Afghanistan. Denn klar ist, das riesige Kontingent an US- sowie europäischen Soldaten muss gefüttert und verpflegt werden. Hamed kennt bosnische Freunde, die seit längerer Zeit auf solchen Stützpunkten in Afghanistan als Kellner arbeiten. Der Lohn ist gut, sehr gut sogar. Das Risiko aber, in Afghanistan das Leben zu lassen besteht. Hamed hat sich für diese Arbeit beworben, er hätte dort gearbeitet, für einige Jahre vielleicht, aber das Schiksal wollte es so, dass er von der US-amerikanischen Militärbehörde nie eine Antwort bekommen hat. Vielleicht auch besser so, meint er heute.
Hamed erzählte mir, dass Bosnier für solche Arbeiten wie in Afghanistan sehr beliebt seien. Seit dem Krieg in diesem Land sei nichts mehr wie zuvor. Man hätte während den schrecklichen Jahren der Belagerung so viel erlebt, dass einen kaum noch was aus der Bahn werfen könne. Genau solche Leute brauche es anscheinend auf den Truppenstützpunkten in Afghanistan. Es müssten dies keine ausgebildeten Soldaten sein, aber Menschen, die dem Leben in die Augen schauen können, so wie es sich ihnen zeigt.
Hamed will fort aus Bosnien, denn er hat diese Stagnation satt. Diese schiere Unmöglichkeit wirkliche Perspektiven im Leben zu sehen. Hamed hat eine gute Arbeit, er wohnt mit seiner Familie in einem eigenen Haus aber er will weg von hier.
Vor einiger Zeit hat Hamed Briefe an mehrere Kirchen in Kanada geschickt. In diesen Schreiben tat er seinen Wunsch kund, dass er aus Bosnien weg gehen könne um in einem anderen Land zu leben und zu arbeiten. Von irgend woher wusste Hamed, dass diese Briefe dann während der Messe vorgelesen würden, mit der Absicht, dass sich vielleicht ein Kirchgänger für Hamed aus Sarajevo einsetzen würde. Mit einem Lächeln erwähnte er mir noch, dass er sich dessen bewusst sei, dass es eigentlich etwas komisches an sich habe, dass er als Muslim Hilfe bei einer katholischen Kirche in Kanada suche. Doch gerade durch diese Konstellation habe er einen Pluspunkt für sich erhofft; denn manchmal sei doch das Exotische anziehend, manchmal falle einem doch die Hilfe gegenüber dem Unbekannten leicher.
Hamed will fort aus Bosnien, denn er hat dieses lähmende Gefühl satt, welches sich nicht selten in verrückten, unberechenbaren Reaktionen äussert. Die Menschen hier, jene die den Krieg mit eigenen Augen gesehen und mit eigenem Herzen erlebt haben, litten sehr unter dessen Folgen, mein Hamed. Ihm komme es manchmal so vor, als erwachten die Menschen hier langsam aus einer Art Starre und als ob der Schockzustand, welcher jahrelang angehalten habe, sich langsam auflöse. Ein Schock jedoch kann dich ruhig stimmen, ein Abflauen des Schocks kann Gefühle und Emotionen hervorrufen, die man bisher bei sich selber nicht gekannt hat.
Wie soll der Mensch fort gehen und wohin: Du brauchst nicht zu lächeln, ich weiss es: Wir können nirgendwohin. Aber manchmal können wir doch, und wir schaffen uns einen Schein von Freiheit. Wir tun so, als gingen wir fort, wir tun so, als veränderten wir uns. Und wir kehren wieder zurück, beruhigt, tröstlich, getäuscht.
Ich könne Bosnien und die Menschen hier unmöglich verstehen, meinte Hamed gutmütig. Dafür bräuchte es mindestens 20 Jahre, in welchen ich hier lebe, arbeite und mit Menschen verkehre. Er selber sei immer wieder erstaunt über dieses Land und seine Menschen. Es seien gute Menschen hier und ich könne sicher sein, dass mir ein Muslime in Bosnien nie seine Hilfe verweigern würde.
Und tatsächlich habe ich irgendwie auch dieses Gefühl und es ist mir eigentlich auch egal ob ich mich in diesem Gefühl täusche oder nicht. Ich fühle mich sicher und geborgen hier, denn immer wieder strahlt hier diese Wärme auf einen ab, von der man nur schwerlich sagen kann woher sie kommt. Es gilt sie aufrecht zu erhalten, sie zu pflegen und weiterzugeben.
Aber darin liegt ja alles: wiederkehren. Sich von einem Punkt auf der Erde fortsehnen, aufbrechen und von neuem anlangen. Ohne diesen Punkt, an den du gebunden bist, würdest du weder ihn noch die übrige Welt lieben, du hättest nichts, von wo du fortziehen könntest, denn du wärst nirgends. Und du bist auch nirgends, wenn du nur diesen einen Punkt hast. Denn dann denkst du nicht an ihn, dann sehnst du dich nicht, dann liebst du nicht. Und das ist nicht gut. Du musst denken, dich sehnen, lieben. Also, rüste zum Aufbruch.
Meša Selimovič, aus "Derwisch und Tod"
Seit ich wieder zurück in Sarajevo bin, besuche ich fast täglich das türkische Kulturzentrum. Es liegt in unmittelbarer Nähe der Bščaršija; ein altes Haus, welches jedoch dank der Hand eine begabten Archidekten in ein helles und trotz des alten Holzbodens modernes Gebäude umgewandelt wurde. Bestimmt hat der türkische Staat viel Geld in dieses Kultur Zentrum investiert. Am letzten Wochenende war der türkische Premierminister zu Besuch in Sarajevo. Ich war zu diesem Zeitpunkt noch in Podgorica, weiss jedoch von einem befreundeten Kellner, dass der Premierminister auch das Kulturzentrum besucht habe.
Im obersten Stock dieses Hauses (eine grosse Fensterfront geht direkt auf die niedrigen Dächer der Baščaršija hinaus) befindet sich ein wunderschön eingerichtetes Teehaus; ich sage bewusst Teehaus, denn ich bin mir nicht einmal sicher, ob dort überhaupt Kaffee serviert wird (sowieso scheint das typisch türkische Getränk am Bosporus gar nicht so beliebt zu sein wie es der Ruf eigentlich will...). Ich jedenfalls liess mir von Hamed immer nur den heissen, starken und gut gesüssten türkischen Tee servieren. Dabei sitzt man auf Kissen auf dem Holzboden oder man legt sich so ganz römisch einfach auf eine niedrige weiche Bank; Platz genug gibt es meistens, ich war stets der einzige Besucher.
Mit Hamed kam ich ins Gespräch, als er vor dem Computer sitzend mich fragte, ob ich ihm beim Lesen eines englischen Textes behilflich sein könne. Er besuchte gerade die offizielle Webseite der australischen Regierung, Abteilung "Einwanderungsamt". Hamed erzählt mir, dass er das Wochenende zuvor in Zagreb auf der australischen Botschaft gewesen sei, um sich die nötigen Papiere zu beschaffen, die er für die Emmigration nach Australien benötigte. Man überreichte ihm einen ganzen Katalog mit Berufsbezeichnungen. Jeder Beruf war mit einem Zahlencode versehen, welcher man auf seinen Papieren vermerken musste, wollte man erfolgreich nach Australien auswandern. Für Hamed gab es ein grosses Problem: er konnte seinen Beruf auf der langen Liste einfach nicht finden und bat mich deshalb darum, auch einen Blick darauf zu werfen; vergeblich...
Hamed hatte hier in Sarajevo die Ausbildung zum Kellner gemacht (eine mehrjährige Berufsausbildung, welche auch die Arbeiten als Barkeeper oder die Tätigkeiten im Catering-Service mit einschliessen). Anscheinend jedoch gibt es diese Arbeit als offiziellen Beruf in Australien nicht, denn ausser der Bezeichnung "cook" und "hotel manager"fanden wir nichts, was der Arbeit eines Kellners ähnlich war. Für Hamed eine äusserst unangenehme Tatsache, konnte er sich nur mit dem Verweis auf den entsprechenden Zahlencode hinter der Berufsbezeichnung die nötigen Papiere auf der australischen Botschaft beschaffen.
Hamed ist ein junger Mann von 25 Jahren, er hat eine verhältnismässig sehr gute Arbeit hier in Sarajevo (sein Arbeitgeber ist der türkische Staat, sein Gehalt deutlich höher als der bosnische Durchschnitt) aber er will nach Australien auswandern. Dies nicht etwa weil er Verwandte oder Freunde auf der anderen Seite der Welt hätte, sondern deshalb, weil er ziemlich gut englisch spricht und weil er gehört hat, dass Australien ein offenes Land für Menschen aus aller Welt sei.
Wechsel des Ortes, das heisst für ihn: Im Stich lassen, aufgeben, das Geschaffene verlieren, das heisst, dass den Raum, den er gewonnen hat, ein anderer einnimmt und dass er selbst von vorn wird beginnen müssen. Sich eingraben, das ist der eigentliche Beginn des Alterns, denn der Mensch ist jung, solange er sich nicht fürchtet, neu zu beginnen. Wenn der Mensch bleibt, ist er Duldender oder Angreifer. Zieht er fort, so bewahrt er die Freiheit, so steht es bei ihm, den Ort und die aufgedrängten Bedingungen zu ändern.
Auf meine Frage hin, wann Hamed denn gedenke nach Australien zu gehen meinte er: "Die Ausstellung der Papiere dauert, so hat man mir gesagt, ungefähr drei Monate. Es ist also möglich, dass ich Ende dieses Sommers bereits weit weg von Bosnien bin." Australien ist für Hamed nich die erste sich bietende Option von hier weg zu gehen. Kürzlich war er nämlich in Tuzla. Dort hielt die US-amerikanische Armee eine Informationsveranstaltung ab. Gesucht wurden Kellner und Köche auf den Truppenstützpunkten in Afghanistan. Denn klar ist, das riesige Kontingent an US- sowie europäischen Soldaten muss gefüttert und verpflegt werden. Hamed kennt bosnische Freunde, die seit längerer Zeit auf solchen Stützpunkten in Afghanistan als Kellner arbeiten. Der Lohn ist gut, sehr gut sogar. Das Risiko aber, in Afghanistan das Leben zu lassen besteht. Hamed hat sich für diese Arbeit beworben, er hätte dort gearbeitet, für einige Jahre vielleicht, aber das Schiksal wollte es so, dass er von der US-amerikanischen Militärbehörde nie eine Antwort bekommen hat. Vielleicht auch besser so, meint er heute.
Hamed erzählte mir, dass Bosnier für solche Arbeiten wie in Afghanistan sehr beliebt seien. Seit dem Krieg in diesem Land sei nichts mehr wie zuvor. Man hätte während den schrecklichen Jahren der Belagerung so viel erlebt, dass einen kaum noch was aus der Bahn werfen könne. Genau solche Leute brauche es anscheinend auf den Truppenstützpunkten in Afghanistan. Es müssten dies keine ausgebildeten Soldaten sein, aber Menschen, die dem Leben in die Augen schauen können, so wie es sich ihnen zeigt.
Hamed will fort aus Bosnien, denn er hat diese Stagnation satt. Diese schiere Unmöglichkeit wirkliche Perspektiven im Leben zu sehen. Hamed hat eine gute Arbeit, er wohnt mit seiner Familie in einem eigenen Haus aber er will weg von hier.
Vor einiger Zeit hat Hamed Briefe an mehrere Kirchen in Kanada geschickt. In diesen Schreiben tat er seinen Wunsch kund, dass er aus Bosnien weg gehen könne um in einem anderen Land zu leben und zu arbeiten. Von irgend woher wusste Hamed, dass diese Briefe dann während der Messe vorgelesen würden, mit der Absicht, dass sich vielleicht ein Kirchgänger für Hamed aus Sarajevo einsetzen würde. Mit einem Lächeln erwähnte er mir noch, dass er sich dessen bewusst sei, dass es eigentlich etwas komisches an sich habe, dass er als Muslim Hilfe bei einer katholischen Kirche in Kanada suche. Doch gerade durch diese Konstellation habe er einen Pluspunkt für sich erhofft; denn manchmal sei doch das Exotische anziehend, manchmal falle einem doch die Hilfe gegenüber dem Unbekannten leicher.
Hamed will fort aus Bosnien, denn er hat dieses lähmende Gefühl satt, welches sich nicht selten in verrückten, unberechenbaren Reaktionen äussert. Die Menschen hier, jene die den Krieg mit eigenen Augen gesehen und mit eigenem Herzen erlebt haben, litten sehr unter dessen Folgen, mein Hamed. Ihm komme es manchmal so vor, als erwachten die Menschen hier langsam aus einer Art Starre und als ob der Schockzustand, welcher jahrelang angehalten habe, sich langsam auflöse. Ein Schock jedoch kann dich ruhig stimmen, ein Abflauen des Schocks kann Gefühle und Emotionen hervorrufen, die man bisher bei sich selber nicht gekannt hat.
Wie soll der Mensch fort gehen und wohin: Du brauchst nicht zu lächeln, ich weiss es: Wir können nirgendwohin. Aber manchmal können wir doch, und wir schaffen uns einen Schein von Freiheit. Wir tun so, als gingen wir fort, wir tun so, als veränderten wir uns. Und wir kehren wieder zurück, beruhigt, tröstlich, getäuscht.
Ich könne Bosnien und die Menschen hier unmöglich verstehen, meinte Hamed gutmütig. Dafür bräuchte es mindestens 20 Jahre, in welchen ich hier lebe, arbeite und mit Menschen verkehre. Er selber sei immer wieder erstaunt über dieses Land und seine Menschen. Es seien gute Menschen hier und ich könne sicher sein, dass mir ein Muslime in Bosnien nie seine Hilfe verweigern würde.
Und tatsächlich habe ich irgendwie auch dieses Gefühl und es ist mir eigentlich auch egal ob ich mich in diesem Gefühl täusche oder nicht. Ich fühle mich sicher und geborgen hier, denn immer wieder strahlt hier diese Wärme auf einen ab, von der man nur schwerlich sagen kann woher sie kommt. Es gilt sie aufrecht zu erhalten, sie zu pflegen und weiterzugeben.
Aber darin liegt ja alles: wiederkehren. Sich von einem Punkt auf der Erde fortsehnen, aufbrechen und von neuem anlangen. Ohne diesen Punkt, an den du gebunden bist, würdest du weder ihn noch die übrige Welt lieben, du hättest nichts, von wo du fortziehen könntest, denn du wärst nirgends. Und du bist auch nirgends, wenn du nur diesen einen Punkt hast. Denn dann denkst du nicht an ihn, dann sehnst du dich nicht, dann liebst du nicht. Und das ist nicht gut. Du musst denken, dich sehnen, lieben. Also, rüste zum Aufbruch.
Meša Selimovič, aus "Derwisch und Tod"
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