Bild, das Postamt von Bajovo Polje
Während ich diese Zeilen schreibe dringen, ungeachtet des einsetzenden Regens welcher sachte auf mein Zeltdach trommelt, weiterhin die Stimmen der Kinder und Jugendlichen zu mir, welche vor der Bar in Bajovo Polje Basketball spielen. Es sind deren sechs, im Alter zwischen 10 und 18. Ich weiss nicht wie viele Kinder es noch in Bajovo Polje gibt, aber dass dieser Ort einmal an Kindern reich gewesen sein muss, davon zeugt das grosse Schulhaus, welches immer noch auf weitem Felde alleine steht.
Bajovo Polje ein Dorf zu nennen, würde wohl kaum unserem Bild davon entsprechen, was wir gewöhnlich unter einem Dorf verstehen. Die Häuser dieser Ortschaft scheinen in keinem Zusammenhang miteinander zu stehen. Verbunden gerade einmal mit losen Schotter- und Erdstrassen und umgeben von halb zerfallen Holzhütten, deren Zweck mir völlig unbekannt blieb, macht die Ortschaft viel eher den Eindruck als sei sie der Ausläufer etwas Grösserem; einer Stadt vielleicht oder zumindest eines grossen Dorfes. Aber in weitem Umkreis um dieses Bajovo Polje herum liegen nur unbewohnte Hügel und Wälder und dahinter ragen die verschneiten Berge Montenegros heraus, deren Spitzen in den ebenfalls schneeweissen Wolken verschwinden. Doch fast hätte ich es vergessen... Da gibt es natürlich noch etwas, was man im Zusammenhang mit Bajovo Polje erwähnen muss; das vier Kilometer entfernte Etno-Dorf „Montenegro“! Ich habe es nicht besucht und werde in der Folge deshalb auch nicht weiter darauf eingehen, nur Folgendes sei in diesem Zusammenhang noch erwähnt: Als ich am Nachmittag, eben gerade in Bajovo Polje angekommen, einen jungen Mann in der Bar gefragt habe, was es in seinem Dorf zu sehen gäbe, erwähnte er als erste Sehenswürdigkeit das Etno-Dorf "Montenegro". Unvermittelt teilte ich ihm mit, dass mich das nicht interessiere, denn seit ich auf der Wanderung das Etno-Dorf „Jugoslavia“ gesehen habe (übrigens gebaut und geführt von einem weiteren Sohn Milans und in unmittelbarer Naehe seines Hauses gelegen), glaube ich zu wissen, dass der Begriff "Etno" nichts anderes als ein touristisches Schlagwort ist und dass sich hinter der naturalistisch aufgemalten Fassade überall die gleiche langweilige Szenerie abspielt. Im gleichen Moment bereute ich aber meine etwas zu barsche Antwort, denn ich sah eine Verlegenheit im Gesicht des jungen Mannes, denn anscheindend glaubte er mit der Erwähnung des Etno-Dorfes den Höhepunkt der Sehenswürdigkeiten von Bajovo Polje angesprochen zu haben. Ein weiterer Mann, der zufällig dabei stand erwähnte dann noch das Denkmal fur die Luftrettung der Allierten Truppen und der verbündeten Partisanen im Zweiten Weltkrieg. In diesem Dorf nämlich wurden 1943 über 1000 Menschen, umzingelt von deutschen Truppen, in sicheres Gebiet geflogen. Ich dankte fur die Auskunft und machte mich anschliessend selber daran die Sehenswürdigkeiten der Ortschaft zu erkunden. Was ich in der Folge entdeckte liess mich staunen und weckte eine Bewunderung für die Menschen hier und ich wünschte mir, dass zukünftig mehr Besucher hier absteigen würden, anstatt sich im Etno-Dorf „Montenegro“ in kleine Bungalows zwängen zu lassen.
Bajovo Polje zählt heute rund 250 Einwohner, eine Tatsache, die lediglich einer Grundlage zu verdanken ist; der veralteten Holzverarbeitungsfabrik. Holz gibt es in dieser Gegend genügend und in Anbetracht dessen, dass fast alle Häuser aus diesem Material gebaut sind und dass alle Haushalte nur mit Holz heizen ein lukratives Geschaeft. Und doch sei die Anzahl der Bewohner des Dorfes in den letzten zehn Jahren erheblich gesunken und in Anbetracht des Zustandes der Fabrik würde es mich nicht erstaunen, wenn dieselbe in absehbarer Zeit ihren Betrieb einstellen würde. Damit wäre dann definitiv das Schiksal von Bajovo Polje besiegelt, denn eine andere Erwerbstätigkeit gibt es hier nicht. Ich erinnere mich daran, dass mir jemand in Bosnien erzählte, dass heutzutage für den dortigen Häuserbau Holz aus Rumänien importiert würde, da es schlicht billiger sei als dasjenige aus Bosnien (ein Land mit einem unglaublich dichten Waldbestand und unglaublich billigen Arbeitskräften aber mit unglaublich wenig Infrastruktur).
Nach einem Besuch in der Bar in Bajovo Polje stellte ich mein Zelt, unter Anweisung eines hünenhaften jungen Mannes mit Oberarmen wie Eichenstämme, neben dem Postgebaeude auf. Es wurde noch darum geratschlagt, ob es nicht besser wäre einen umzäunten Platz zu finden. Nicht um vor den Bewohnern geschützt zu sein, sondern in Anbetracht dessen, dass Kühe und Hunde im Dorf frei herumgehen. Schliesslich blieb man aber bei dem Schlafplatz neben dem Postgebäude. Da es noch früher Abend war besuchte ich erneut die Bar, diesmal eine andere, denn die erste hatte gerade eben geschlossen und so konnte die zweite ihre Tore öffnen (ich habe nicht herausgefunden, was es mit der dritten Bar auf sich hat). Es ist stets etwas Seltsames, in einem so abgeschiedenen Ort wie Bajovo Polje eine Bar zu betreten, einen Ort, welcher bestimmt höchst selten von unbekannten Gesichtern betreten wird. Aber hier in Montenegro wie auch in Bosnien ist dies überhaupt kein Problem. Die Menschen empfangen einem mit der gleichen kühlen Willkommenheit wie jeden anderen Gast auch. Freilich, nach einer gewissen Zeit werden Fragen gestellt und langsam drehen sich alle Gesichter verwundert dem fremden Gast zu. Solche Besuche enden fast immer damit, dass man schliesslich den Kaffee oder wie in diesem Fall das Bier nicht zu bezahlen braucht. Irgend ein Gast bezahlt die Zeche fuer den fremden Besucher. Nachdem die drängensten Fragen gestellt wurden legt sich wieder die bekannte Stille ueber die Kundschaft und auch ich verfolgte mit der gleichen anteilnahmslosen Anteilnahme die serbischen Schlagerlieder welche ununterbrochen ueber den Fernsehbildschirm flimmerten.
Bajovo Polje, ein Dorf in Montenegro das noch lebt. Keine Selbstverständlichkeit in einem Land mit gerade einmal 600’000 Einwohnern. Die 0,3% der Einwohner dieses Landes, welche die Ortschaft Bajovo Polje bewohnen, vedienen einen Besuch und deshalb wünsche ich mir, dass bei der nächsten Gelegenheit die Besucher, welche ins Etno-Dorf „Montenegro“ unterwegs sind, zuerst einmal in einer der drei Bars in Bajovo Polje absteigen. In einer wird man bestimmt bedient werden.
Bild, nicht das Etno Dorf Montenegro sondern ein Teil des Dorfes Bajovo Polje
Während ich diese Zeilen schreibe dringen, ungeachtet des einsetzenden Regens welcher sachte auf mein Zeltdach trommelt, weiterhin die Stimmen der Kinder und Jugendlichen zu mir, welche vor der Bar in Bajovo Polje Basketball spielen. Es sind deren sechs, im Alter zwischen 10 und 18. Ich weiss nicht wie viele Kinder es noch in Bajovo Polje gibt, aber dass dieser Ort einmal an Kindern reich gewesen sein muss, davon zeugt das grosse Schulhaus, welches immer noch auf weitem Felde alleine steht.
Bajovo Polje ein Dorf zu nennen, würde wohl kaum unserem Bild davon entsprechen, was wir gewöhnlich unter einem Dorf verstehen. Die Häuser dieser Ortschaft scheinen in keinem Zusammenhang miteinander zu stehen. Verbunden gerade einmal mit losen Schotter- und Erdstrassen und umgeben von halb zerfallen Holzhütten, deren Zweck mir völlig unbekannt blieb, macht die Ortschaft viel eher den Eindruck als sei sie der Ausläufer etwas Grösserem; einer Stadt vielleicht oder zumindest eines grossen Dorfes. Aber in weitem Umkreis um dieses Bajovo Polje herum liegen nur unbewohnte Hügel und Wälder und dahinter ragen die verschneiten Berge Montenegros heraus, deren Spitzen in den ebenfalls schneeweissen Wolken verschwinden. Doch fast hätte ich es vergessen... Da gibt es natürlich noch etwas, was man im Zusammenhang mit Bajovo Polje erwähnen muss; das vier Kilometer entfernte Etno-Dorf „Montenegro“! Ich habe es nicht besucht und werde in der Folge deshalb auch nicht weiter darauf eingehen, nur Folgendes sei in diesem Zusammenhang noch erwähnt: Als ich am Nachmittag, eben gerade in Bajovo Polje angekommen, einen jungen Mann in der Bar gefragt habe, was es in seinem Dorf zu sehen gäbe, erwähnte er als erste Sehenswürdigkeit das Etno-Dorf "Montenegro". Unvermittelt teilte ich ihm mit, dass mich das nicht interessiere, denn seit ich auf der Wanderung das Etno-Dorf „Jugoslavia“ gesehen habe (übrigens gebaut und geführt von einem weiteren Sohn Milans und in unmittelbarer Naehe seines Hauses gelegen), glaube ich zu wissen, dass der Begriff "Etno" nichts anderes als ein touristisches Schlagwort ist und dass sich hinter der naturalistisch aufgemalten Fassade überall die gleiche langweilige Szenerie abspielt. Im gleichen Moment bereute ich aber meine etwas zu barsche Antwort, denn ich sah eine Verlegenheit im Gesicht des jungen Mannes, denn anscheindend glaubte er mit der Erwähnung des Etno-Dorfes den Höhepunkt der Sehenswürdigkeiten von Bajovo Polje angesprochen zu haben. Ein weiterer Mann, der zufällig dabei stand erwähnte dann noch das Denkmal fur die Luftrettung der Allierten Truppen und der verbündeten Partisanen im Zweiten Weltkrieg. In diesem Dorf nämlich wurden 1943 über 1000 Menschen, umzingelt von deutschen Truppen, in sicheres Gebiet geflogen. Ich dankte fur die Auskunft und machte mich anschliessend selber daran die Sehenswürdigkeiten der Ortschaft zu erkunden. Was ich in der Folge entdeckte liess mich staunen und weckte eine Bewunderung für die Menschen hier und ich wünschte mir, dass zukünftig mehr Besucher hier absteigen würden, anstatt sich im Etno-Dorf „Montenegro“ in kleine Bungalows zwängen zu lassen.
Bajovo Polje zählt heute rund 250 Einwohner, eine Tatsache, die lediglich einer Grundlage zu verdanken ist; der veralteten Holzverarbeitungsfabrik. Holz gibt es in dieser Gegend genügend und in Anbetracht dessen, dass fast alle Häuser aus diesem Material gebaut sind und dass alle Haushalte nur mit Holz heizen ein lukratives Geschaeft. Und doch sei die Anzahl der Bewohner des Dorfes in den letzten zehn Jahren erheblich gesunken und in Anbetracht des Zustandes der Fabrik würde es mich nicht erstaunen, wenn dieselbe in absehbarer Zeit ihren Betrieb einstellen würde. Damit wäre dann definitiv das Schiksal von Bajovo Polje besiegelt, denn eine andere Erwerbstätigkeit gibt es hier nicht. Ich erinnere mich daran, dass mir jemand in Bosnien erzählte, dass heutzutage für den dortigen Häuserbau Holz aus Rumänien importiert würde, da es schlicht billiger sei als dasjenige aus Bosnien (ein Land mit einem unglaublich dichten Waldbestand und unglaublich billigen Arbeitskräften aber mit unglaublich wenig Infrastruktur).
Nach einem Besuch in der Bar in Bajovo Polje stellte ich mein Zelt, unter Anweisung eines hünenhaften jungen Mannes mit Oberarmen wie Eichenstämme, neben dem Postgebaeude auf. Es wurde noch darum geratschlagt, ob es nicht besser wäre einen umzäunten Platz zu finden. Nicht um vor den Bewohnern geschützt zu sein, sondern in Anbetracht dessen, dass Kühe und Hunde im Dorf frei herumgehen. Schliesslich blieb man aber bei dem Schlafplatz neben dem Postgebäude. Da es noch früher Abend war besuchte ich erneut die Bar, diesmal eine andere, denn die erste hatte gerade eben geschlossen und so konnte die zweite ihre Tore öffnen (ich habe nicht herausgefunden, was es mit der dritten Bar auf sich hat). Es ist stets etwas Seltsames, in einem so abgeschiedenen Ort wie Bajovo Polje eine Bar zu betreten, einen Ort, welcher bestimmt höchst selten von unbekannten Gesichtern betreten wird. Aber hier in Montenegro wie auch in Bosnien ist dies überhaupt kein Problem. Die Menschen empfangen einem mit der gleichen kühlen Willkommenheit wie jeden anderen Gast auch. Freilich, nach einer gewissen Zeit werden Fragen gestellt und langsam drehen sich alle Gesichter verwundert dem fremden Gast zu. Solche Besuche enden fast immer damit, dass man schliesslich den Kaffee oder wie in diesem Fall das Bier nicht zu bezahlen braucht. Irgend ein Gast bezahlt die Zeche fuer den fremden Besucher. Nachdem die drängensten Fragen gestellt wurden legt sich wieder die bekannte Stille ueber die Kundschaft und auch ich verfolgte mit der gleichen anteilnahmslosen Anteilnahme die serbischen Schlagerlieder welche ununterbrochen ueber den Fernsehbildschirm flimmerten.
Bajovo Polje, ein Dorf in Montenegro das noch lebt. Keine Selbstverständlichkeit in einem Land mit gerade einmal 600’000 Einwohnern. Die 0,3% der Einwohner dieses Landes, welche die Ortschaft Bajovo Polje bewohnen, vedienen einen Besuch und deshalb wünsche ich mir, dass bei der nächsten Gelegenheit die Besucher, welche ins Etno-Dorf „Montenegro“ unterwegs sind, zuerst einmal in einer der drei Bars in Bajovo Polje absteigen. In einer wird man bestimmt bedient werden.
Bild, nicht das Etno Dorf Montenegro sondern ein Teil des Dorfes Bajovo Polje
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen