Bild: Eine Weiss-Nicht-Was-Für-Eine-Statue in Montengro
Seit ich bei meinem kurzen Besuch in Montenegro einen kleinen Einblick in die Glaubensauffassung sowie in die Riten der serbisch-orthodoxen Bevölkerung erhalten habe, tauchen bei mir, zurück in Sarajevo, viele Fragen auf. Fragen die ich mir bisher noch nie gestellt haeb, weil ich schlichtwegs keinen Zugang dazu hatte. In der deutschen Bibliothek in Sarajevo habe ich ein Buch gefunden, das ich nun am lesen bin: Balkan Chronik, 2000 Jahre zwischen Orient und Okzident. Es ist für mich sehr interessant und aufschlussreich, mich gedanklich noch weiter zurück in die Geschichte dieser Region zu begeben, verweilte ich doch bisher meistens in der Zeit der Osmanischen Herrschaft in Südosteuropa. Viele meiner Fragen lassen sich aber erst beantworten, wenn man die Zeit des frühen Mittelalters bis hin zum Aufstieg des Osmanischen Reiches betrachtet. Ich bin nicht in der Lage hier eine Zusammenfassung dessen wiederzugeben was ich gelesen habe, möchte aber versuchen, meine Klostererlebnisse in Montenegro in einen kleinen historischen Zusammenhang zu stellen.
Zu Beginn stand bei mir die Frage, worin sich denn eigentlich der Katholizismus von der Orthodoxie unterscheidet. Mir war klar, dass der orthodoxe Glaube den Papst in Rom nicht anerkannt; damit hatte es sich aber auch schon.
In der Auseinandersetzung mit dieser Frage stiess ich auf den Begriff Byzanz oder auch Oströmisches Reich und geriet somit einmal mehr in den Wirkungskreis jener Stadt, die noch immer am Ziel meiner Reise liegt.
Jahrhunderte vor der Osmanischen Vorherschaft in Südosteuropa war Rom die alles bestimmende Macht in diesem Gebiet. Die Grundfesten der Strassennetze (auch der heutigen Hauptstrassen!), Brücken und weite Teile einer Insfrastruktur stammen aus jener Zeit. Erst die Osmanen erreichten mehr als 1000 Jahre später ähnlich ausgebildete zivilisatorische Leistungen wie zur Zeit der Herschaft Roms.
Gegen Ende der Blütezeit des Römischen Reiches, Ende des 4. Jahrhunderts, wird das Christentum zur offiziellen Staatsreligion erklärt. Um die Mitte des ersten Jahrtausends schliesslich traf das Römische Reich dasselbe Schiksal, wie es wohl allen Grossreichen zu einem bestimmten Zeitpunkt zukommt: das Imperium wird zu gross und unregierbar und somit dem Untergang geweiht (jedenfalls was den Westen des Reiches mit der Hauptstadt Rom anbelangt). Nun war die Zeit des Byzantinischen Reiches gekommen, des Ostteils des Römischen Reiches mit der Hauptstadt Konstantinopel (benannt nach dem Kaiser Konstantin, der als römischer Kaiser seinen Sitz von Rom an den Bosporus verlagert hatte), dem heutigen Istanbul. Im Jahre 537 wurde in Konstantinopel die für die damalige Zeit grösste Kirche der Welt gebaut, die Hagia Sophia (welche die Türken später zur Moschee umfunktionierten).
Diese Abspaltung des Römischen Reiches bildete die Voraussetzung für die Entstehung der Orthodoxie. Heute gibt es noch verschiedene Richtungen in der Orthodoxie, so unterscheidet man zwischen russisch-orthodox, slavisch (oder serbisch)-orthodox und griechisch-orthodox.
In Cetinje, im Gespräch mit Bojan, ist mir aufgefallen, wie fremd und urtümlich die Glaubensauffassung der Orthodoxen Kirche für mich ist. Mir schien, als sei bei ihnen irgendwann einmal die Zeit stehen geblieben, als seien die Riten dieselben wie noch vor 1000 Jahren. Und tatsächlich scheine ich mich darin nicht getäuscht zu haben.
Seit dem Schisma von 1054 und der damit einhergehenden Kirchenspaltung in eine orthodoxe und eine katholische Kirche, scheint sich in der östlichen Ausrichtung des Christentums nicht viel verändert zu haben. Währenddem der Katholizismus vor allem in der blutigen Auseinandersetzung mit dem Protestantismus stark mit grundlegenden Fragen konfrontiert wurde. In der Erinnerung an die erlebte Liturgie-Messe im Kloster Ostrog las ich im Buch folgende Sätze:
"Eine tiefe Gläubigkeit blieb im Osten bestehen, verbunden mit geduldiger Schiksalsergebenheit. Die Orthodoxie hat keine -in unserem Sinne- wissenschaftliche Theologie und christliche Philosophie entwickelt. Sie entging damit der Rationalisierung und blieb mehr der Emotions- und Gefühlswelt verhaftet. Auch die Übernahme der Volkssprache in die orthodoxe Liturgie hat wohl mehr die volksnahe Gefühlsseligkeit gefördert."
Der Untergang von Byzanz begann mit dem Erstarken des Islam im 11. und 12. Jahrhundert. Byzanz (Konstantinopel) wurde im Jahre 1453 von den Türken erobert, war aber damals nur noch ein Schatten ihrer selbst. Was nun im ehemaligen Oströmischen Reich geschah war erstaunenswert. Denn die orthodoxen Christen bevorzugten anscheinend eine Zusammenarbeit oder sogar einen formalen Übertritt zum Islam, als dass ihre katholischen Brüder ihnen zu Hilfe eilten (unter der Bedingung der Wiedervereinigung mit der Kirche des Papstes!). Aus dieser Zeit stammt der Ausdruck: "Lieber den Turban des Sultans, als die Tiara des Papstes" Dies obwohl die Unterschiede zwischen der Orthodoxie und dem Katholizismus nur sehr formal sind. Aber was spielt es schon für eine Rolle wie klein die Unterschiede sind, wenn beide Religionen den alleinigen Wahrheitsanspruch verfechten (Orthodoxie= die rechte Lehre, Katholizismus= das Allumfassende).
Und vielleicht ist der orthodoxe Glaube dem Islam wirklich näher als dem Katholizismus. Eine Erklärung dessen, was ich nicht in Worte fassen konnte, fand ich im Buch.
"West und Ost verstehen unter Realität bis heute etwas völlig anderes: Im Abendland wird sie vom Geist, vom Intellekt, vom Machbaren bestimmt, im Morgenland, dem auch der Islam entstammt, von der Seele, der Emotion, dem Wunsch."
Seit ich bei meinem kurzen Besuch in Montenegro einen kleinen Einblick in die Glaubensauffassung sowie in die Riten der serbisch-orthodoxen Bevölkerung erhalten habe, tauchen bei mir, zurück in Sarajevo, viele Fragen auf. Fragen die ich mir bisher noch nie gestellt haeb, weil ich schlichtwegs keinen Zugang dazu hatte. In der deutschen Bibliothek in Sarajevo habe ich ein Buch gefunden, das ich nun am lesen bin: Balkan Chronik, 2000 Jahre zwischen Orient und Okzident. Es ist für mich sehr interessant und aufschlussreich, mich gedanklich noch weiter zurück in die Geschichte dieser Region zu begeben, verweilte ich doch bisher meistens in der Zeit der Osmanischen Herrschaft in Südosteuropa. Viele meiner Fragen lassen sich aber erst beantworten, wenn man die Zeit des frühen Mittelalters bis hin zum Aufstieg des Osmanischen Reiches betrachtet. Ich bin nicht in der Lage hier eine Zusammenfassung dessen wiederzugeben was ich gelesen habe, möchte aber versuchen, meine Klostererlebnisse in Montenegro in einen kleinen historischen Zusammenhang zu stellen.
Zu Beginn stand bei mir die Frage, worin sich denn eigentlich der Katholizismus von der Orthodoxie unterscheidet. Mir war klar, dass der orthodoxe Glaube den Papst in Rom nicht anerkannt; damit hatte es sich aber auch schon.
In der Auseinandersetzung mit dieser Frage stiess ich auf den Begriff Byzanz oder auch Oströmisches Reich und geriet somit einmal mehr in den Wirkungskreis jener Stadt, die noch immer am Ziel meiner Reise liegt.
Jahrhunderte vor der Osmanischen Vorherschaft in Südosteuropa war Rom die alles bestimmende Macht in diesem Gebiet. Die Grundfesten der Strassennetze (auch der heutigen Hauptstrassen!), Brücken und weite Teile einer Insfrastruktur stammen aus jener Zeit. Erst die Osmanen erreichten mehr als 1000 Jahre später ähnlich ausgebildete zivilisatorische Leistungen wie zur Zeit der Herschaft Roms.
Gegen Ende der Blütezeit des Römischen Reiches, Ende des 4. Jahrhunderts, wird das Christentum zur offiziellen Staatsreligion erklärt. Um die Mitte des ersten Jahrtausends schliesslich traf das Römische Reich dasselbe Schiksal, wie es wohl allen Grossreichen zu einem bestimmten Zeitpunkt zukommt: das Imperium wird zu gross und unregierbar und somit dem Untergang geweiht (jedenfalls was den Westen des Reiches mit der Hauptstadt Rom anbelangt). Nun war die Zeit des Byzantinischen Reiches gekommen, des Ostteils des Römischen Reiches mit der Hauptstadt Konstantinopel (benannt nach dem Kaiser Konstantin, der als römischer Kaiser seinen Sitz von Rom an den Bosporus verlagert hatte), dem heutigen Istanbul. Im Jahre 537 wurde in Konstantinopel die für die damalige Zeit grösste Kirche der Welt gebaut, die Hagia Sophia (welche die Türken später zur Moschee umfunktionierten).
Diese Abspaltung des Römischen Reiches bildete die Voraussetzung für die Entstehung der Orthodoxie. Heute gibt es noch verschiedene Richtungen in der Orthodoxie, so unterscheidet man zwischen russisch-orthodox, slavisch (oder serbisch)-orthodox und griechisch-orthodox.
In Cetinje, im Gespräch mit Bojan, ist mir aufgefallen, wie fremd und urtümlich die Glaubensauffassung der Orthodoxen Kirche für mich ist. Mir schien, als sei bei ihnen irgendwann einmal die Zeit stehen geblieben, als seien die Riten dieselben wie noch vor 1000 Jahren. Und tatsächlich scheine ich mich darin nicht getäuscht zu haben.
Seit dem Schisma von 1054 und der damit einhergehenden Kirchenspaltung in eine orthodoxe und eine katholische Kirche, scheint sich in der östlichen Ausrichtung des Christentums nicht viel verändert zu haben. Währenddem der Katholizismus vor allem in der blutigen Auseinandersetzung mit dem Protestantismus stark mit grundlegenden Fragen konfrontiert wurde. In der Erinnerung an die erlebte Liturgie-Messe im Kloster Ostrog las ich im Buch folgende Sätze:
"Eine tiefe Gläubigkeit blieb im Osten bestehen, verbunden mit geduldiger Schiksalsergebenheit. Die Orthodoxie hat keine -in unserem Sinne- wissenschaftliche Theologie und christliche Philosophie entwickelt. Sie entging damit der Rationalisierung und blieb mehr der Emotions- und Gefühlswelt verhaftet. Auch die Übernahme der Volkssprache in die orthodoxe Liturgie hat wohl mehr die volksnahe Gefühlsseligkeit gefördert."
Der Untergang von Byzanz begann mit dem Erstarken des Islam im 11. und 12. Jahrhundert. Byzanz (Konstantinopel) wurde im Jahre 1453 von den Türken erobert, war aber damals nur noch ein Schatten ihrer selbst. Was nun im ehemaligen Oströmischen Reich geschah war erstaunenswert. Denn die orthodoxen Christen bevorzugten anscheinend eine Zusammenarbeit oder sogar einen formalen Übertritt zum Islam, als dass ihre katholischen Brüder ihnen zu Hilfe eilten (unter der Bedingung der Wiedervereinigung mit der Kirche des Papstes!). Aus dieser Zeit stammt der Ausdruck: "Lieber den Turban des Sultans, als die Tiara des Papstes" Dies obwohl die Unterschiede zwischen der Orthodoxie und dem Katholizismus nur sehr formal sind. Aber was spielt es schon für eine Rolle wie klein die Unterschiede sind, wenn beide Religionen den alleinigen Wahrheitsanspruch verfechten (Orthodoxie= die rechte Lehre, Katholizismus= das Allumfassende).
Und vielleicht ist der orthodoxe Glaube dem Islam wirklich näher als dem Katholizismus. Eine Erklärung dessen, was ich nicht in Worte fassen konnte, fand ich im Buch.
"West und Ost verstehen unter Realität bis heute etwas völlig anderes: Im Abendland wird sie vom Geist, vom Intellekt, vom Machbaren bestimmt, im Morgenland, dem auch der Islam entstammt, von der Seele, der Emotion, dem Wunsch."
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