Dienstag, 6. April 2010

Ziegenbrücke

Bild, nicht die Ziegenbruecke, aber eine der alten Eisenbahnbruecken nach Visegrad

Ich habe mir zum Ziel gesetzt, auf meinem Weg nach Istanbul, die Ziegenbrücke zu überqueren; jene Brücke über welche, so will es die Informationstafel , auch die Karawanen und das Gefolge des Wesirs gezogen sind, wenn sie nach einer strapaziösen Reise aus Istanbul herkommend, endlich in den Umkreis von Sarajevo eingetreten sind. Ich habe sie überquert diese Ziegenbrücke, mit meinem ganzen Gepäck und in voller Bereitschaft durch sie meine persönliche Reise nach Istanbul anzutreten. Nach dem Überqueren der Brücke steigt der Weg steil an und nach vielen Höhenmeter erreicht man schliesslich das Trasse der ehemaligen Eisenbahnstrecke aus Austro-Ungarischer Zeit, welche bis Mitte der 80er Jahre Sarajevo und Visegrad verbunden hat. Von den Schienen ist nicht mehr viel übriggeblieben, alles was noch an die ehemalige Bahnstrecke erinnert sind der ebene Weg und die perfekt in die Felsen eingemauerten Tunnels , welche den Wanderer manchmal in die völlige Dunkelheit schicken. Es war ein herrliches Gehen auf diesem Weg, vorbei an einem stillgelegten Bahnhofsgebäude, lässt man nach einem der zahlreichen Tunnels die Hauptstrasse, weche sich gegenüber auf der anderen Talseite entlang zieht, irgend einmal links liegen. Von nun an ist man von einer überwältigenden Natur umgeben, alleingelassen fühlt man sich, als hätte man Sarajevo bereits seit Tagen hinter sich gelassen. Man hat mir gesagt, dass dieser Weg bis nach Pale begehbar sei und so war es für mich an diesem ersten Reisetag auch klar, das ich Pale noch am Abend erreichen würde.
Aber alles änderte sich nach ungefähr drei Wegstunden. Denn auf einmal fand ich mich auf einem Brückenanfang wieder und vor mir tat sich eine gähnende Leere auf, ein riesiger Abgrund und weit unten lag das metallene Ungetüm, welches einst diesen Brückenanfang mit jenem 50 Meter mir gegnüber verbunden hatte. Ich dachte bereits ans Umkehren (obwohl mir natürlich die Szene aus dem Indiana Jones 3 in den Sinn kam, in welcher der Held eine Hand voll Sand auf den Abgrund streute und so merkte, dass die Brücke zwar unsichtbar, jedoch in Wirklichkeit noch da war...), als ich auf einmal zu meiner Linken einen kleinen Fussweg entdeckte, welcher sich in die Talsohle runterzog und welcher, zu meiner Freude, auf der anderen seite auch wieder hoch führte. Und so habe ich dieses erste Hinderniss glücklich umgangen. Das Zweite liess aber nicht lange auf sich warten. Nachdem der Weg, die alte Eisenbahnstrecke, schlagartig verwildert geworden war (wen erstaunts!), traf ich nach etwa einer halben Stunde auf eine weitere Brücke. Diese war nicht wie die erste vollständig zerstört, sondern sie bestand noch aus den Metallträgern und den Holzbalken, welche es einem Verrückten erlaubt hätten, sie zu überqueren. Die Schlucht war an dieser Stelle tief und nirgends war wie bei der ersten Brücke ein Fussweg hinunter zu erkennen. Als sich dazu noch eine Schlange an meiner Seite zu Wort gemeldet hatte, war der Ausgang dieses Tages für mich klar.
Ich machte kehrt und trat den Rückweg nach Sarajevo an. Gegen Abend erreichte ich die Bascarsja, verspeiste im Ispod Sac einen Burek und fuhr mit dem Tram nach Alpasino Polje zu Fudo.

Ich habe versprochen, keine unnötigen Risiken einzugehen; ein erster "Beweis" wäre erbracht. Eins hat mich dieser Tag auch noch gelernt; ich musste Balast abwerfen. So liess ich dann auch am nächsten Tag die Küche und das ganze eingekaufte Essen zum kochen bei Fudo. Seither läuft sichs leichter.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen