Freitag, 29. Januar 2010

Dayton



Ich habe keine Ahnung wo Dayton liegt. Nur gerade weiss ich, dass es eine Stadt in den USA sein muss. Mir war bereits vor meiner Reise nach Bosnien das Dayton-Abkommen ein Begriff gewesen. Dort wurde im Dezember 1995, nach vier Jahren Krieg, ein Friedensabkommen zwischen den Präsidenten Kroatiens, Bosniens und der verbliebenen Bundesrepublik Jugoslawiens abgeschlossen. Das ganze geschah unter der Schirmherrschaft des damaligen US-Präsidenten Bill Clinton.
Das Abkommen stoppte die Waffengewalt; und nichts wünschten sich die Menschen Bosniens wohl damals mehr als das. Doch es schuf auch eine Situation, die heute nicht als eine glückliche bezeichnet werden kann.
Das Land ist nun aufgeteilt zwischen der kroatisch-muslimischen Föderation und der Republika Srpska. Wobei die letztere kürzlich ein Referndum zur Unabhängigkeit angekündigt hatte, worauf der kroatische Präsident anscheinend mit dem Einmarsch von Soldaten im Nordwesten des Landes drohte. Auch die von kroatischen Bosniern dominierte Hercegowina ist über die Föderation nicht gerade glücklich. Denn ein grosser Teil der Landessteuern fliessen von dort aus ins kriegsgeschädigtere Hinterland.

In der Rot-Kreuz-Küche kommt mehrmals pro Woche ein Lieferwagen angefahren. Geladen hat er jeweils eine Unmenge Kartoffeln und Fleisch. Der Lebensmittel-Lieferant nennt sich schlicht und einfach „Dayton“.

Mein welscher freund Mathieu ist halb Schweizer und halb US-Amerikaner. Vor einer Woche ist er zwecks einer Aufnahmeprüfung in die USA geflogen, an den Ort, in welchem seine Verwandten wohnen: Nach Dayton.
Vor der Abreise hat ihm ein Freund, welcher für die Regierung arbeitet, noch eine scherzhafte Bitte mit auf den Weg gegeben. Mathieu solle sich in diesem Dayton mal danach umschauen, ob er vielleicht eine Kopie des 1995 erstellten Friedensvertrages auftreiben könne. Das bosnische Exemplar sei nämlich irgendwie verloren gegangen.

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