Freitag, 12. Februar 2010

Gedanken

Arbeiten in Bosnien

Die sicherste Art, in Bonien später einmal eine Arbeit zu haben, ist es wohl, sich zum Iman ausbilden zu lassen. Ich kenne einen jungen Mann, der dies im Moment macht. Gerade war er zu Prüfungzwecken drei Tage lang in Sarajevo. Zuvor besuchte er während drei Jahren eine Medresa, eine Koranschule, in Mostar. Dies ist eine Art Gymnasium und nebst dem Studium der arabischen Sprache, der Geschichte des Korans und seines Propheten Mohammed werden dort so ziemlich alle anderen Fächer auch gelernt. Nach dem Studium wird er in irgend einem Dorf oder am Rande einer kleinen Stadt die Gläubigen fünf Mal pro Tag zum Gebet aufrufen. Er ist dann verantwortlich für eine kleine Djamija, eine Moschee.

Sein Bruder ist vor zwei Wochen nach Sarajevo gekommen um nach fünf Jahren Arbeitslosigkeit in der Hercegowina eine Anstellung in einem Call-Center anzunehmen. Vor einer Woche hat er seinen Arbeitsvertrag unterschrieben, vor zwei Tagen wurde ihm gekündigt. Gründe wurden keine angegeben. Anscheinend hat sich die Firma verschätzt und kann doch nicht so viele Call-Agenten brauchen wie sie kurzerhand eingestellt hatte.

In Bosnien ist es verdammt schwer eine Arbeit zu finden, aber es ist sehr leicht diese zu
verlieren.

Ghazi Husrev-Bey Moschee

Es ist vorgekommen, dass Fuad und ich gegen Abend, wenn es dunkel wurde, in unserer Wohnung sassen und uns einen Film anschauten. Auf einmal rief der Muezzin von der Djamija unserem Haus gleich gegenüber, zum letzten Gebet des Tages auf. Nun stürmte Fuad ins Badezimmer um sich Hände, Füsse, Ohren, Nase und Stirn zu waschen. Er träufelte etwas Parfum auf seinen Pulli und eilte in die Moschee. Dort versammeln sich fünf Mal pro Tag ein paar Menschen zum Gebet. Als Fuad zum ersten Mal die Moschee in der Logavina besuchte, stellte er sich der eingesessenen Runde vor und meinte er werde in den nächsten zwei Wochen wohl ab und zu mal aufkreuzen, er wohne zur Zeit hier, inshalla.

Fuad besuchte seither weit öfters die Ferhadija, die Ghazi Husrev-Bey Moschee im Herzen der Bascarsija. Sie ist die berühmteste und wohl auch schönste Moschee in Sarajevo. Voller Begeisterung schilderte er mir die Eindrücke von seinem ersten Besuch dort während des Abendgebetes. Jeden Abend ist die Moschee bis auf die letzten Plätze ausgefüllt und in schier endlosen Reihen neigen sich die Körper der Männer und Frauen im Rhythmus des Gebetes Richtung Mekka.

Zusammen mit Fuad besuchte auch ich eines vormittags die Ferhadija. Zu diesem Zeitpunkt war sie, ausser der für die Reinigung der vielen Teppiche zuständigen Frau, leer. Mit grossen Augen bestaunte ich die wunderschöne Kuppel, die elegante Architektur und die mir so völlig unverständlichen arabischen Schriftzeichen an den Wänden. Ich überlegte mir wie verloren ich wohl in der Menge der betenden Muslime wäre, würde ich mich während des Abendgebetes unauffällig unter sie mischen. Aber es reizt mich sehr.

Und wie wäre es Fuad zu mute, eine Sonntagspredigt in der Münsterkirche beizuwohnen?



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