Montag, 24. Januar 2011

Kürbiskernöl


Böse Zungen würden es Betriebsspionage nennen, was wir heute Nachmittag in Gornja Bistrica betrieben haben. Der Gemüsebauer Michu aus dem bernischen Seeland hat sich, als harmloser Tourist verkleidet, zusammen mit seiner Frau und zwei waschechten Slowenen in die Kürbiskernöl Presse von Gornja Bistrica eingeschlichen. Bald werden die Beiden den Zug in Ljubljana mit Reiseziel Zürich besteigen; im Gepäck viele Eindrücke aus Slowenien, den Geschmack frisch gepressten Öls und einen Sack voller Hochleistungszucht Kürbiskernen. Der Gemüsebauer aus dem Seeland will als einer der ersten Kürbiskernöl Produzenten der Schweiz in die Bücher eingehen.
Warum auch nicht? Klimatisch gesehen spricht in der Schweiz nichts gegen die Produktion von Kürbiskernöl. Alle Freunde von uns aus der Schweiz, die hier in Slowenien auf Besuch kommen, sind von diesem Kürbiskernöl begeistert und nehmen meistens mehrere Liter davon wieder mit nach Hause. Die Produktion ist nicht wahnsinnig kompliziert, vorausgesetzt man verfügt über die nötigen Maschinen.
Kürbiskernöl hat hier in Slowenien, wie übrigens auch im benachbarten Österreich, eine grosse Tradition. Ganze Felder werden deshalb nur des Öls wegen mit den grossen, orangen Ungetümen bepflanzt, welche im Herbst wie vom Himmel gefallene Meteoriten die Felder der Stajerska zieren. Das Öl ist sehr schmackhaft und stellt eine gesunde, einheimische Alternative zum Olivenöl dar. Einheimisch in dem Sinne, als dass Kürbisse auch bei uns eine immer grösseren Beliebtheit kennen.
Der Besitzer der Kürbisölpresse in Gornja Bistrica zeigte uns nach der Betriebsbesichtigung eine alte Fotografie an der Wand. Zu sehen war ein schwimmendes Häuschen, welches durch Pfähle und dank eine Steges, der das Haus mit dem Festland verband, dem Strom des Flusses Mura trotzte. Dies sei die alte Mühle seines Vaters gewesen, meinte der Mann nicht ohne stolz. Hier hätten seine Vorfahren mit Hilfe des Flusses, das Getreide zu Mehl verarbeitet und einmal im Jahr eben auch das Kürbiskernöl hergestellt. Vor vielen Jahren schon habe man die Mühle vom Fluss landeinwärts verlegt. Heute erledigt die Elektrizität die Kraftarbeit und man spezialisiert sich ausschliesslich auf die Herstellung von Öl. Früher konnte man im Herbst ein halbes Dorf damit beschäftigen, die getrockneten Kürbiskerne zu schälen. Die heutigen Zuchtsorten tragen nun Kerne ohne Schalen, was eben die Arbeit des halben Dorfes einspart.
Wer noch nie Kürbiskernöl probiert hat, soll sich bitte nächstes Jahr gegen Ende November beim Gemüsebauer Michu aus Golaten melden. Vielleicht kann der dann weiterhelfen.

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