Donnerstag, 24. Februar 2011

schlafen, essen, schreien, schauen, kacken...

Gerade vorhin habe ich im Radio gehört, dass in der Schweiz durchschnittlich täglich 120 Kinder zur Welt kommen. Hundertzwanzig Kinder und ungefähr gleich viele Väter und Mütter, die von diesem Tag an und für die nächste Zeit nichts anderes kennen als ihr Kind zu bestaunen, zu betrachten, zu bewundern und zu lieben. Wie schnell man sich in ein solches Wesen verliebt, das weder sprechen, noch gehen, geschweige denn selbständig überleben kann, ist unglaublich. Ich habe in den letzten Tagen oft auch an die tollen Leute aus dem Spital in Maribor zurück gedacht, die uns während der Geburt Jurijs begleitet haben. Sich vorzustellen, dass man Tag für Tag dabei ist und mit hilft, dass Kinder zur Welt kommen ist für mich irgendwie sureal. Die Geburt stellt für mich ein dermassen einmaliges Ereignis dar, dass ich mir schlichtwegs nicht vorstellen kann wie es sein muss, sie als integraler Bestandteil seiner Arbeit zu kennen.

Nun ist Jurij hier und uns scheint es bereits jetzt so, als könnten wir diesem kleinen Wesen beim Wachsen zuschauen. Ein Tag im Leben eines Neugeborenen scheint um ein Tausendfaches länger zu sein, als der gleiche Tag im Leben eines "Ausgewachsenen".


Während Jurij schläft und isst, schreit und schaut, erholt sich Natasa zusehends von den Strapazen der Geburt. Jeweils während einigen Stunden pro Tag arbeite ich nun als Deutschlehrer für die Sprachschule Berlitz. Als "flying teacher" werde ich zu verschiedenen Firmen geschickt, die ihr Personal oder auch den Chef persönlich in der Zunge Goethes drangsalieren wollen. Diese Arbeit gefällt mir ausserordentlich, ist es mir doch dadurch möglich, in der Gegend herum zu kommen und gleichzeitig meinem eigentlichen Beruf nachzugehen. Irgendwie komme ich halt doch immer wieder auf "den Lehrer" zurück.

Sonntag, 20. Februar 2011

Jurij ist hier

Am 18. Februar 2011 feierte Jurij gemeinsam mit seinen Eltern den Geburtstag im Spital in Maribor. Alle sind gesund und munter! Wir sind sehr froh dass er nun bei uns ist und wir freuen uns auf die Abenteuer, die Geschichten und das Leben das er mit seiner Geburt auf diese Welt mitgebracht hat.
Willkommen Jurij!

Montag, 14. Februar 2011

Ruska Cesta, Tabor


In Maribor gibts die Ruska Cesta. Eine Strasse, die etwas erhöht der Drava entlang führt und von welcher aus man eine fantastische Aussicht auf den Fluss und auf das historische Stadtzentrum auf der anderen Flussseite hat. Heute bin ich zum ersten Mal mit dem Fahrrad dieser langen Strasse entlang gefahren und entdeckte auf eben dieser unscheinbaren Strasse einen Mikrokosmos an ruinierten Häusern, Trödelläden und russisch-ukrainischen Supermärkten. Hier, wenige Meter vom historischen Stadtzentrum entfernt leben Leute in wahrhaften Bruchbuden und in der Luft liegt der Geschmack von Kohleheizungen, etwas was mich sehr an Sarajevo im Winter erinnert. Im russich-ukrainischen Supermarkt kaufe ich mir Schokolade, im Trödelladen kaufe ich mir nichts, denn es ist unmöglich festzustellen was Privatbesitz und was zum Verkauf angeboten ist.

Auf der Ruska-Cesta waren heute Vermessungstechniker dabei die Strasse zu kartografieren und genau zu vermessen. Wahrscheinlich werden auch hier die alten Bruchbuden bald einmal abgerissen werden. Riesige Plakatwände preisen auf jeden Fall 1-3 Zimmer Wohnungen im grünen Tabor an. Ab 60'000 bis 180'000 Euro ist man dabei.

Unser Kind lässt sich Zeit. Es geht ihm allen Anschein nach gut!

Sonntag, 13. Februar 2011

Eva aus Ungarn


Unterwegs mit Rog, in Ungarn, im Mai 2009

Am Abend kamen ich und mein Eingänger Marke Rog erneut in ein Dorf, dessen Name ich bereits zwei Sekunden nach Passieren des Ortschildes wieder vergessen hatte. Es war Zeit, sich nach einem Nachtlager umzuschauen. Ich tat was ich in solchen Situationen immer tue; ich setzte mich in die Bar im Zentrum (es gabe nur eine) und trank ein Bier. Der Serviertochter gab ich zu verstehen, dass ich das Zelt auf dem Rasen hinter der Bar aufstellen möchte. Sie gab mir zu verstehen, dass ihr das ziemlich egal sei. Etwas weniger gleichgültig gegenüber meiner Bitte waren eine Gruppe von Frauen mittleren Alters welche mich auch prompt an ihren Tisch beriefen. Es fielen die Worte Ciganj, Zigeuner, ich solle aufpassen, denn schliefe ich im Zelt könnten sie mir mein Fahrrad stehlen (das Verb stehlen kann man so wunderbar nonverbal ausdrücken ohne dabei irgendwelche Missverständnisse zu produzieren). Es fiel nun ein weiteres Wort das ich verstand- Diesmal auf deutsch: Zimmer frei! Eva machte mir dieses Angebot und auf einen Zettel schrieb sie den Betrag: 6 Euro, inklusive HamHam, was ich als Angebot eines Nachtessens zu deuten verstand. Rasch wurde das Geschäft abgeschlossen und so machten sich Eva, ihre Freundin Sabina und ich bald darauf auf den Weg zu Evas Haus.
Es war eines jener typischen ungarischen Langhäuser, wie auch anders in einem typisch ungarischen Langdorf, und, wie ich später feststellen durfte, war auch die Inneneinrichtung typisch ungarisch. Die Ungaren scheinen eine Vorliebe für alten Kitsch zu haben und wer von euch bereits einmal die Eispaläste am freiburgischen Blausee besucht hat, weiss genau wovon ich spreche. Das Haus ist keineswegs mit Ramsch überladen, vielmehr scheint es als ob die wenigen Dinge, welche die Wände zieren oder am Rande der Regale stehen, seit Jahrzehnten ihren festen Platz hätten und nur ab und zu zum leichten Entstauben von ihrem angestammten Platz entfernt würden. Unter diesen Gegenständen befinden sich sowohl Plastikblumen wie auch Plüschtiere oder vergilbte Audiokassetten. Eva schlug einige Eier in die Pfanne und wir assen Beide mit grossem Appetit und spülten das Nachtessen mit einem Glas Weisswein hinunter. Das Haus von Eva besass vier Räume, ihre Söhne waren ausgezogen und lebten in Pecs, ihr Mann vor Jahren verstorben. Was mich überraschte; es gab nur ein grosses Bett im ganzen Haus und dieses bereitete Eva ganz offensichtlich für mich her.
Ich versuchte sie zu fragen wo sie denn zu schlafen gedenke, aber das Geschoss meiner Worte flog meilenweit am Ziel vorbei; es war unmöglich sich zu verständigen, denn Eva winkte immer wieder lachend ab. Schliesslich genoss ich eine warme Dusche in Evas Bad und als ich frisch geputzt das Schlafzimmer betrat lag Eva bereits im Bett, rauchte eine Zigarette, trank weiterhin Weisswein und naschte Chips, welche sie in der Bar erstanden hatte. Sie hob mir meine Decke hoch und ich schlüpfte ins Bett. So war das also gedacht; ein halbes Bett war frei und nicht ein ganzes Zimmer. Eva bot mir noch eine Zigarette an aber mir war es nicht nach rauchen zu Mute. Ich musste mich erst einmal mit dem Gedanken abfinden, dass ich in dieser Nacht das Bett mit Eva teilen würde. Bald aber drehte ich mich lachend zur Seite und schlief ein. Ich habe nicht gut geschlafen in dieser Nacht, es war heiss, Eva schnarchte und mir schien, als schwebe der Rauch der Zigaretten immer noch kanpp über meinem Kissen.
Am nächsten Morgen gab es einen stärkenden Kaffee und mit einer Umarmung verabschiedete ich mich von Eva und ihrer Freundin Sabina. So sehen also ungarische Zimmer frei aus, dachte ich bei mir, als mich die Landstrasse am frühen Morgen wieder mit offenen Armen empfing.

Samstag, 12. Februar 2011

In der Kavarna des Stadttheaters



In der Kavarna des Stadttheaters in Maribor sitzen und etwas in die Agenda des Jahres 2011 schreiben, man hat kein anderes Schreibpapier dabei, einen Milchkaffe bestellen, eno kava slmekom, und in die vielen Spiegel schauen, die überall an den Wänden hängen, den Raum grösser erscheinen lassen als er wirklich ist und welche der Kavarna des Stadttheaters in Maribor, zusammen mit den rot gepolsterten Holzstühlen und den kleinen, schweren Marmortischen eine Eleganz , etwas Edles verleihen, eine Ausstrahlung, die ansonsten kaum ein Kaffehaus in Maribor ausmacht. Auf das Kind warten, das noch heute seine Füsse auf diese Erde setzten könnte, würde es sich dazu entscheiden, den letzten Teil der Reise hinaus in diese Welt anzutreten. Dem Radiosprecher zuhören, der über einen historischen Tag, über eine historische Wende berichtet, die man während den letzten Tagen, in Ermangelung eines Fernsehers, über den Live-Ticker einer Online-Zeitung mitverfolgt hat, genau so als würde man sich fortlaufend über ein Fussballspiel informieren, die Augen auf den Monitor geheftet - Jetzt spricht der Präsident zu seinem Volk - das leise Klicken des Rechners, wenn neue Gerüchte von möglich zukünftigen Fakten auf dem Bildschirm erscheinen. Historische Tage, eine historische Wende. Während Millionen Menschen durch ihre unnachgiebigen Demonstrationen eben gerade einen Präsidenten abgesetzt haben, der von allen Regierungen dieser Welt bis zum historischen Tag, zur historischen Wende, unterstützt und mitgetragen wurde, dessen Millionen man nun wohlweislich auf den Schweizer Banken ortet, hortet und blockiert -man darf da nicht zögerlich und nachgiebig sein - macht sich ein Mensch auf den Weg in diese Welt. Ein historischer Tag, eine historische Wende. Während das Kind, welches vielleicht heute noch zum ersten oder auch zum unendlich vielten Male, wer weiss das schon, das Licht dieser Welt erblickt, macht sich, vielleicht morgen schon, in den Gemütern der Millionen Menschen, die eben gerade ihren Präsidenten gestürzt haben, Ernüchterung breit. Niemand freilich hofft darauf, wie auch niemand sich gegen die Blockierung der Millionen des gestürzten Präsidenten, die im Moment auf Schweizer Banken gehortet werden, ausspricht. Denn schliesslich unterstützen wir diesen gestürzten Präsidenten nun nicht mehr. Ein Präsident geht, wenn Millionen Menschen gemeinsam gegen ihn auf die Strasse gehen und während Millionen Menschen für ihre Freiheit auf die Strasse gehen, kommen täglich Tausende Kinder zum ersten oder zum unendlich vielten Male auf diese Welt. Vielleicht werden auch sie einmal auf die Strasse gehen und einen Präsidenten stürzen, zusammen mit Millionen anderen. Ein Live-Ticker einer Online-Zeitung wird dann davon erzählen und irgend jemand sitzt dann in einem Theater-Kaffe in irgend einer Stadt dieser Welt und schreibt etwas in seine Agenda des Jahres 2031, weil gerade kein Papier zur Hand ist.

Vielleicht wird man sich kurz im Spiegel betrachten und sich fragen wer man eigentlich sei, um danach seinen Kaffe zu Ende zu trinken.

Freitag, 11. Februar 2011

Gespräch in der Gebärmutter


Zwillinge in der Gebärmutter stellen sich so einige Fragen

„Glaubst du an ein Leben nach der Geburt?“

„Natürlich glaube ich daran. Bestimmt existiert etwas nach der Geburt! Vielleicht sind wir nur deswegen hier, damit wir uns auf das Leben nach der Geburt vorbereiten.“

„Das ist doch Blödsinn. Es gibt kein Leben nach der Geburt. Oder kannst du mir bitte erklären, wie so ein Leben denn aussehen soll?“

„Ich weiss es nicht genau, aber ich bin überzeugt, dass es heller sein wird und dass wir alleine laufen und mit unserem eigenen Mund essen werden.“

„Das ist ja völlig surreal! Du weisst doch, dass es unmöglich ist zu laufen. Und dass wir mit unserem eigenen Mund essen sollen, das kannst du vergessen. DAS IST VERRÜCKT! Deswegen haben wir ja die Nabelschnur. Ich sags dir: nach der Geburt gibts kein Leben.“

„Die Nabelschnur ist zu kurz. Ich bin überzeugt, dass es etwas nach der Geburt gibt. Etwas was sehr anders ist als das, auf was wir gewöhnt sind.“

„Aber noch Niemand ist je von dort zurückgekommen. Das Leben hört mit der Geburt auf. Und ausserdem, meiner Meinung nach ist das Leben nichts anderes als eine Existenz in einem engen, dunklen Raum. Der aber keineswegs unbequem ist...“

„Ich weiss nicht genau wie das Leben nach der Geburt aussieht, aber in jedem Fall werden wir unserer Mutter begegnen. Sie wird dann für uns sorgen.“

„UNSERE MUTTER! Du glaubst an unsere Mutter? Und wo sollte sie deiner Meinung nach jetzt sein?“

„Überall. Rund um uns natürlich. Wegen ihr sind wir am Leben. Ohne sie würden wir nicht existieren.“

„Daran glaube ich nun wirklich nicht! Unsere Mutter habe ich nie gesehen und deswegen ist es klar, dass sie nicht existiert!“

„Vielleicht hast du ja recht, aber manchmal, wenn wir ganz still sind, können wir sie doch hören. Sie singt und streichelt unsere Welt. Weisst du, ich bin überzeugt, dass das Leben mit der Geburt eigentlich erst beginnt...“

Donnerstag, 10. Februar 2011

Ruinen; einst und jetzt

Vor etlichen Jahren war ich mit meinem Freund Flo und seiner Familie zu Besuch im deutschen Weimar. Dazu gehört selbstverständlichwereise auch eine Visite in Goethes Gartenhaus. Dieses Haus steht, auch heute noch, mitten auf einer idyllischen Wiese, umgeben von hohen Bäumen und wenn ich mich nicht täusche, dann fliesst in unmittelbarer Nähe ein romantisches Bächlein am Landhaus vorbei. Goethe hat in diesem Hause mehrere Jahre gelebt und viele seiner Schriften dort entworfen oder überarbeitet; unter anderem auch den weltberühmten Faust. Das Goethehaus erlebt Tag für Tag einen unglaublichen Ansturm an Besuchern. Man sagte uns während unseres Besuches, dass als Weimar 1999 Kulturhaupstadt Europas war, man den vielen Besuchern zu liebe eine exakte Kopie des Landhauses, wenige hundert Meter vom Original entfernt, aufgebaut habe. Dort legte man natürlich auch eine Kopie von Goethes Tabakpfeiffe auf die Kopie des original aus dem 18. Jahrhundert stammenden Goethe Lesepultes. Uninformierten Besuchern sei es gar nicht aufgefallen, dass es sich bei der Kopie eben um eine Kopie und nicht ums Original gehandelt habe.
Eines abends schlenderten Flo und ich durch den Illmpark von Weimar, auf der Suche nach einem gemütlichen Flecken um dort ein kühles Bier zu trinken. Da trafen wir mitten im Park, umgeben von hohen Bäumen, auf eine Burgruine. Es war dies eine Ruine wie aus dem Bilderbuch, Stein auf Stein auf gefallenem Stein, überwuchert von Effeu und allerlei anderen Schlingpflanzen. Wir liessen es uns nicht nehmen, erkletterten die Ruine und sassen bald darauf im Abendrot mit einem kühlen Bier in der Hand gemütlich auf historischem Bauschutt und sinnierten über die vielen Geschichten und Biographien, welche diese alten Mauern im Laufe der Jahrhunderte in sich aufgesogen haben mussten.
Tags darauf wurden wir eines besseren belehrt. Die verwunschene Ruine im Illmpark zu Weimar war nie etwas anderes als eine Ruine gewesen. Sie wurde unter Mitarbeit Goethes als Ruine entworfen und als Ruine gebaut, eine romantische Kulisse, dem grossen Shakespare zu ehren.
Gestern habe ich einen Spaziergang vom Schloss Viltus hoch hinauf in den Kosijak unternommen. Nur zwanzig Minuten von der Hauptstrasse entfernt, mitten im Wald gelegen, befindet sich noch heute die Ruine des alten Schloss Viltus aus dem 12. Jahrhundert. Erst nach einem verherenden Brand im 17. Jahrhundert wurde das Schloss aufgegeben und es wurde eine neue Anlage in der Nähe des Flussufers gebaut. Die Burg Viltus ist heute eine mehr oder weniger vergessene Ruine; kein Wegweiser zeigt dir die Richtung dorthin an und in den Reisebüchern wird sie nicht erwähnt. Die alte Burg ist aber auf jeden Fall einen Besuch wert, denn steht man neben den dicken Mauern, ganz alleine mitten im Wald, so merkt selbst ein uninformierter Besucher, dass das hier echt ist und dass die Geschichten, die aus diesen Mauern hinaus sprechen, 800 Jahre alt sind.

Dienstag, 8. Februar 2011

Prešeren -Tag

Heute ist in Slowenien ein nationaler Feiertag. Die Menschen gehen nicht zur Arbeit. Viele Schulen waren bereits gestern geschlossen; macht ja auch Sinn, denkt man an die Vorteile eines vier tägigen Wochenendes.
Heute ist Prešeren -Tag. France Prešeren ist der wohl berühmteste Dichter Sloweniens. Sein Werk scheinen hier die Kinder in der Schule auswändig zu lernen und im Gegensatz zur Schweiz können demnach die Sloweninnen und Slowenen auch ihre Nationalhymne singen. Diese lernen sie nämlich in der Schule und verfasst wurde sie von keinem anderen als eben diesem France Prešeren.

Die Zdravljica (deutsch: Trinkspruch bzw. Prost) ist ein Gedicht von France Prešeren. Es wurde 1844 geschrieben und später von Stanko Premrl (1880–1965) vertont. In der Zdravljica bringt Prešeren das slowenische und slawische Bewusstsein zum Ausdruck und propagiert die Idee des Vereinten Sloweniens. Die Zdravljica spielte eine große Rolle bei der Bildung des slowenischen Nationalbewusstseins und in der nationalen und sozialen Befreiung.
Die Zdravljica wurde am 27. September 1989 in feierlicher Sitzung vom damaligen slowenischen Parlament zur Nationalhymne bestimmt. Seit der Unabhängigkeit 1991 dient die siebte Strophe als Nationalhymne Sloweniens.

Im Vergleich mit anderen Nationalhymnen fehlt der Zdravljica glücklicherweise der sonst weit verbreitete Pathos.

Freunde die Rebe hat nun wieder
den süßen Labetrunk beschert,
der uns’re Pulse hebet
der Herzen uns und Augen klärt;
der ertränkt,
was da kränkt,
der Hoffnung in die Brust uns senkt.

Es leben alle Völker,
die sehnend warten auf den Tag,
dass unter dieser Sonne
die Welt dem alten Streit entsagt
Frei sei dann
jedermann,
nicht Feind, nur Nachbar mehr fortan!

Montag, 7. Februar 2011

Vurberk - Wurmberg


Nun, da ich zwei mal die Woche als Deutschlehrer bei einer der grössten Toilettenpapier und Servietten-Hersteller Sloweniens arbeite, fällt mir je längers je mehr auf, wie stark die deutsche Sprache gerade im Gebiet der Stajerska einmal vertreten gewesen sein muss. Meine Studenten sind allesamt Angestellte aus den höheren Etagen: Produktionsleiterinnen, Verpackungstechnikerinnen, Anwältinnen und ein Maschineningenieur. Sie lernen deutsch, da die Firma je längers je mehr auch nach Österreich und Deutschland exportiert. Wer sich aber hier in Slowenien für Geschichte interessiert, der tut gut daran, sich auch ein Grundwissen der deutschen Sprache anzueignen. Denn so ziemlich jede Burg, jede Kirche und jedes Grabmal, welches vor dem Ersten Weltkrieg errichtet wurde (und davon gibt es eine ganze Menge) ist in deutscher Sprache beschriftet. Interessant sind für mich auch die heutigen slowenischen Ortsnamen, welche nicht selten auch eine Wurzel oder zumindest einen Bruderausdruck in der deutschen Sprache besitzen.

Natasa und ich sind zur Zeit auf Burgenbesuch. Gestern stand die Burg Vurberk auf dem Programm. Diese Ruine, denn vielmehr ist seit einem Bombenangriff 1945 von der Burg nicht übrig, steht einige Kilometer östlich von Maribor auf einem kleinen Weinberg. Liest man im Internet die kargen Informationen zu dieser Burg so taucht natürlich auch der deutsche Name auf; Wurmberg. Übrigens heisst das ganze Dorf unterhalb der Burg heute Vurberk - Wurmberg. (Nicht alle deutsche-slowenischen Ortsnamen sind auf den ersten Blick dermassen verwandt: so heisst zum Beispiel die slowenische Ortschaft Krsko auf deutsch Gurkfeld).

Dieses Schloss Vurberk ist deshalb besonders sehenswert und interessant, weil es meiner Ansicht nach wohl die schönste Theaterkulisse besitzt, die ich je gesehen habe. Das ausgebombte Innere der Burg wurde in ein Amphitheater umgestaltet, welches nun jeden Sommer Festspiele beherbergt. Von der hohen Tribüne aus gesehen, muss das Spiel auf der Bühne fantastisch sein, wollen die Veranstalter nicht dass die Blicke der Zuschauer ins weite Land hinaus schweifen; geradezu verführerisch ist diese Aussicht. Ich als Cineast wünsche mir natürlich ein Sommer-Freilicht-Kino im Schloss Vurberk.

Freitag, 4. Februar 2011

Begegnung mit dem Grafen




Einige Geheimnisse, bezüglich den Besitztümmern des Grafen zu Maribor, haben sich in den letzten drei Tagen gelüftet. Bereits mehrmals habe ich an dieser Stelle über ein Schloss geschrieben, welches wenige Kilometer westlich von Maribor an der Drava gelegen, immer aufs Neue unsere Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen vermochte.
Es ist dies das Schloss zu Viltus; ein pompöses Herrschaftsgebäude aus dem 17. Jahrhundert, umgeben von einem nicht minder herrschaftlichen Park. An der Hauptstrasse zwischen Maribor und Dravograd gelegen, ist man geneigt mit 80 Stundenkilometer an diesem Bauwerk vorbei zu sausen; denn die Einfahrt hat man immer bereits verpasst, wenn man sich dem Schloss Gewahr geworden ist. Ich habe das Schloss auch dank eines Fahrradausfluges besser kennen gelernt. Dem Zweirad sei Dank!
Vor zwei Tagen haben Natasa und ich, gemeinsam mit dem Kind, welchem es im Bauch sehr wohl zu gefallen scheint, einen Ausflug an die andere Seite der Drava gemacht. Etwas weiter westlich, kurz nach der ehemaligen Industrie-Hochburg Ruse, verbirgt sich nämlich ein weiteres Kleinod mittelalterlicher Baukunst; das Schloss Fala.
Das Glück wollte es, dass der Vater des Grafen, ein 77 jähriger, höchst liebenswerter Mann, gerade auf Renovationsarbeit im Schloss seines Sohnes war und sich dann auch Zeit genommen hat, uns das Schloss und die Duzenden von Zimmern ausführlich zu zeigen.
Das Schloss Fala, ein Herrschaftssitz aus dem 13. Jahrhundert, trohnt in unglaublicher Lage hoch über der dort sehr wild verlaufenden Drava. Die Gemäuer, der Schlosspark, der verbliebene Teil der Inneneinrichtung atmen heute eine ganz eigenartige Geschichte. Es ist dies nicht nur die Geschichte eines Grafensitzes, welcher über Jahrhunderte von einer Hand in die andere gereicht wurde, welcher im Laufe der Zeit vergrössert, ausgebaut und veredelt wurde. Es ist dies auch die Geschichte von Zerstörung, Plünderung und Umnutzung eines Gebäudes, welches bis vor wenigen Jahren noch als nackte, verwahrloste Ruine am Strassenrand gestanden hat und erst seit kurzer Zeit, dank des Grafen zu Maribor, wieder etwas zu sich zurück finden durfte. Denn der Graf zu Maribor hat vor drei Jahren die beiden Schlösser Fala und Viltus gekauft und abeitet nun kräftig an der Wiederinstandsetzung der Gebäuden und am Erhalt ihrer Geschichte.
Das Schloss Fala, einst Herrschaftssitz, dann Kloster, im Zweiten Weltkrieg Wehrmachtszentrale und im jugoslawischen Slowenien Sitz einer Bauerngenossenschaft hat bereits ganz verschiedene Menschen aus und ein gehen sehen. Vor allem in den letzten 60 Jahren, seit der Verstaatlichung der ehemals privaten Güter aus aristokartischer Zeit, hat das Schloss Fala stark unter der Gleichgültigkeit der Menschen gegenüber dem Jahrhunderte alten Gebäude gelitten. Als der Graf das Schloss vor drei Jahren gekauft hat, gab es in Fala wie auch in Viltus, keine Fensterscheibe mehr, die Parkettböden wurden zu einem grossen Teil heraus gerissen, alle Öfen fehlten wie natürlich auch der ganze Rest des ehemaligen Mobiliars. Auf unserem Rundgang durch das Schloss erklärte uns der alte Mann, wie er jede einzelne Tür des Schlosses wieder in den alten, ursprünglichen Zustand zurück versetzen will. Eine Arbeit die selbstverständlich kein Ende nimmt; etwas was auch dem Grafen und seinem Vater klar ist.
Heute haben ich und Natasa den Grafen persönlich in Maribor getroffen. Als wir an der Pforte seiner Stadtresidenz geklingelt hatten, öffnete uns sein Buttler die Türe und führte uns in den mit Kerzen erleuchteten Empfangsraum. Dort erwartete uns der Graf, in einem schweren Sofa sitzend, zur Audienz. Ich erlaubte mir dem Grafen meine Hochachtung zur Arbeit in seinen beiden Schlössern zu überbringen und gemeinsam wurden wir uns einig, dass ein Besuch der Schlösser Fala und Viltus auf zukünftigen begehbar-Reisen zum Programm dazugehören wird.