Dienstag, 25. Oktober 2011
Wertschröpfung
Mittwoch, 19. Oktober 2011
Feldarbeit
„Hast du gesehen, das Flugzeug ist mit Raketen bestückt“, meint der eine Bauer zum anderen. „Wie viel wohl nur eine solche Rakete kosten mag?“, fragte ihn der zweite Bauer. „Bestimmt mehrere zehn Tausend Euro“, weiss jener. Darauf erhebt der erste Bauer seine Hände trichterförmig zum Himmel und schreit: „Oh Gott, hab Erbarmen mit uns und wirf uns eine solche Bombe zu Füssen!“
Michael, der Saisonarbeiter aus der Slovakei, mit dem ich zur Zeit in Golaten arbeite, weiss viele solche Witze zu erzählen. Es ist seine Art von Humor und ich komme ganz gut zu Recht damit. Michael, der mit seinen 62 Jahren nun schon das vierte Jahr als Saisonarbeiter in der Schweiz verbringt scheint grundsätzlich dem Leben mit viel Humor entgegen zu treten. Doch dass da mehr als nur Witze Klopfen dahinter steckt habe ich schon längst gemerkt. Seine Persönlichkeit strahlt eine kindliche Verspieltheit und ein unerschrockener Optimismus aus, der hier auf den Felder von Golaten bestimmt seines Gleichen sucht.
Es kommt immer mal wieder vor, dass wir gemeinsam während mehreren Stunden Tonnen von Kabis rüsten, diesen in Kisten verpacken und feinsäuberlich auf Holzpalletten stapeln. Eine Arbeit die eigentlich eintöniger nicht sein könnte, denn die Bewegungsabläufe sind dermassen gleichmässig, dass ich mir bereits am ersten Tag eine Sehnenendzündung geholt habe, die auch nach Tagen noch nicht abgeklungen ist. Doch geflucht wird bei Michael über Arbeit nie: „Arbeit ist Arbeit“, pflegt er zu sagen und meint damit in etwa so viel wie, dass es schlechte und gute Arbeit nicht gibt. Arbeit muss erledigt werden und da fällt automatisch diese Einteilung weg.
Ich arbeite hier in der Schweiz täglich zehn Stunden pro Tag. Das ist viel, sogar für Schweizer Verhältnisse. Mein Chef bringt es gut und gerne auf zwölf Stunden pro Tag. Der Lohn fällt einem hier nicht in den Schoss, pflegt er zu sagen und meint damit wohl, dass man Geld bestimmt anderswo leichter verdienen könnte. Michael arbeitet acht Monate im Jahr als Saisonarbeiter in Golaten, den Rest des Jahres verbringt er mit seiner Frau und dem Kind in der Ukraine. Die Ukraine sei am Arsch, hat er mir heute gesagt, aber trotzdem ein herrlicher Ort zum Leben.
Solche Aussagen machen uns Schweizer stutzig und wir würden das gerne genauer erklärt haben, doch haben wir nicht die Geduld uns das bei Alkohol, Zigaretten und vielen Umschweifungen erklären zu lassen.
Samstag, 15. Oktober 2011
das Gemüse steht uns bis zum Hals
Freitag, 7. Oktober 2011
Ökologen ohne Grenzen
Dienstag, 4. Oktober 2011
Figge Müli
Sie ist eine Frau vielleicht Mitte Vierzig. Eigentlich habe sie zwei Berufe meinte sie gestern zu mir: Lebensmittelingenieurin und seit wenigen Monaten eben Wachpersonal. Für den letzteren Beruf habe sie eine Ausbildung besucht, die sie Tausend Euro gekostet habe. Dort lernte man Sicherheistanlagen zu bedienen, Alarmanlagen aus und einzuschalten. Ich stelle mir vor, dass dieser Berruf etwas Ähnliches ist wie bei uns in der Schweiz die Securitas. Doch irgendwie habe ich so ein ganz anderes Bild der Securitas vor mir. Ich sehe einen älteren, hochgewachsenen Herrn mit grossem Schnurrbart vor mir, der mit Tausend Schlüsseln und einer übergrossen Taschenlampe bestückt, die er im Notfall auch als Schlagstock einsetzen kann, nächtlich durch leere Bürogebäude wandelt. Aber ob es das hier in Slowenien auch gibt? Als Wachpersonal hat die Frau, die nun eben als Putzfrau arbeitet, keine Arbeit gefunden. Der Gedanke plagt sie, ob sie nicht vielleicht die Tausend Euro in den Sand gesteckt hat. Doch jeden Abend schalte sie zu Hause den Computer ein und suche nach Arbeitsstellen. Für Dutzende habe sie sich bereits beworben.
Als ich im letzten Februar hier in Maribor endlich eine Arbeit gefunden hatte, war ich darob überglücklich. Es schien fast wie ein kleines Wunder, sprach ich doch damals noch viel weniger slowenisch als heute. Doch ehrlich gesagt machte sich bald darauf auch etwas Ernüchterung breit. Denn mit den acht Euro, die ich pro Lektion verdiene, schaffte ich es monatlich auf Durchschnittlich 400 bis 500 Euro. Zudem verbrachte ich in den ersten Monaten pro Woche rund fünf Stunden im Auto um zu meinen Studenten zu fahren. Die Fahrkosten konnte ich zwar in Rechnung stellen, die Zeit jedoch nicht. Bald werde ich wohl ein anständiges Pensum kriegen und so vielleicht an die dreissig Stunden pro Woche arbeiten können. Ich werde dann knapp Tausend Euro pro Monat verdienen und damit einen überdurschnittlich hohes Gehalt haben!
Die Putzfrau im Bürogebäude, in welchem auch die Sprachschule Berlitz untergebracht ist, verdient netto 700 Euro. Ob sie alleine mit diesem Monatslohn durchkommen muss weiss ich nicht. Ich weiss aber, dass in Slowenien sehr viele Menschen von Monatslöhnen unter Tausend Euro leben müssen und leben können. Bedenkt man, dass eine durchschnittliche Wohnung gut und gerne 300 bis 400 Euro kostet und dass die Lebensmittel im Supermarkt in etwa gleich teuer sind wie diejenigen in der Schweiz, so gleicht dies einem kleinen Wunder. Dies bestätigte mir auch ein Sozialarbeiter aus der Stadt Ruse, mit welchem ich kürzlich ein längeres Gespräch geführt habe. Für ihn ist es ein Wunder, wie Menschen hier in Slowenien mit diesen kleinen Monatslöhnen durchkommen.
Eines ist sicher: Sparen liegt unter diesen Umständen nicht drin. Das Wachpersonal, das Lebensmitteltechnik studiert hat und nun als Putzmannschaft in Bürogebäuden arbeitet, hat am Ende des Monats bestimmt nichts auf der Seite. Man lebt, man überlebt bestimmt sehr gut, aber viel mehr auch nicht.
Sparen. Das ist etwas was den Menschen in der Schweiz irgendwie in die Wiege gelegt wurde. Das Sparen ermöglicht uns erst Dinge zu tun, die über den gängigen Alltag hinaus gehen. Sparen ermöglicht uns erst zu Reisen, neue Länder, Menschen und Kulturen kennen zu lernen; all diese Dinge zu tun die für mich persönlich einen sehr hohen Stellenwert haben. Mit meinem Gehalt hier in Slowenien werde ich bestimmt nicht sparen können. Dafür muss ich immer mal wieder in die Schweiz reisen um dort zu arbeiten. Im Müli Spiel nennt man diese Situation doch „Figge-Müli“, nicht?
Montag, 3. Oktober 2011
Bildgalerie aktualisiert
Sonntag, 2. Oktober 2011
Logarska Dolina
Mit Boris, Sascha und Pintas besteigen wir später den Kamensko Sedlo, den steinernen Sattel. Auf rund 1900 Meter gelegen, haben wir von dort oben einen fantastischen Ausblick auf die Bergkette, die sich wie ein Halbkreis rund um das Logarska Dolina, das Logarska Tal, zieht. Man kriegt Lust höher hinauf zu steigen, auf den Brana oder sogar auf den Planjava, der mit seinen beinahe 2400 Meter stolz in der fantastischen Landschaft steht. Boris und ich schmieden Pläne, wie wir nächstes Jahr uns dieser Berge annehmen werden während Sascha zum Abstieg mahnt. Unten in Logarska Dolina angekommen schmerzen uns die Beine und wir sind froh, haben wir den oftmals kritischen Abstieg sicher überstanden.
Eigentlich wollten wir ja zuerst den Triglav besteigen an diesem Wochenende. Vielleicht üben wir uns vorher doch noch einige Male an anderen Bergen...
Mittwoch, 28. September 2011
Moj market
Er war nicht moj market – mein Supermarkt. Aber es war ein Laden, welcher zu Fuss in wenigen Minuten von unserer Wohnung aus erreichbar war. Es war ein Supermarkt der besonderen Art. Einer jener Vertreter, bei welchen man den Untergang fühlt, gleich nachdem man den ersten Schritt in den Laden hinter sich hat. Gross in der Fläche war das Angebot dermassen klein, dass man das ganze Sortiment problemlos auf die grösse eines mittleren Kiosk hätte reduizieren können. Deshalb standen dann die Orangensäfte, von welchen es eine einizige Sorte gab, in meterlangen Reihen auf den Gestellen und füllten mit ihrer Präsenz eine ganze Wand aus. Nahm man einen Saft aus dem Regal, dann klaffte an dieser Stelle wo eben noch der Saft gestanden hatte, eine Lücke im Gestell, die an eine Zahnlücke im Gebiss eines Menschen erinnerte. Moj market war dem Untergang geweiht, man wusste es.
Ein Freund aus Maribor hat mir erzählt, dass er mehrere solche Supermärkte kennt. Läden die unmöglich funktionieren können, die zu 100% den Gesetzen des erfolgreichen Marktes wiedersprächen. Läden in welchen Produkte verkauft würden, die niemand kaufen wolle und in welchen die Deckenbeleuchtung dermassen auf Sparflamme gehalten würde, als wolle man so wenig Kosten wie nur möglich mit diesem Laden generieren. Die Frage kommt auf, ob diese Läden bewusst so gehalten werden. Die Frage kommt auf, ob es vielleicht nicht Sinn und Zweck dieser Läden sei, Produkte zu verkaufen sondern viel mehr als Laden zu existieren. Freilich, Sinn macht das Ganze nicht. So wenig Sinn wie der Laden als Laden selbst.
Doch da gibt es auch noch die andere Geschichte von moj market. Es ist die Geschichte eines Mannes, den ich jedes einzelne Mal beim erneuten Versuch vielleicht doch etwas Sinnvolles in eben diesem Supermarkt zu finden, vor dem Geschäft angetroffen habe. Dort stand er vor der Glaswand des Supermarktes, in der einen Hand eine Flasche Bier, in der anderen eine Zigarette. Sein Fahrrad lehnte an der Wand, direkt neben dem Bankomaten der KBM, der sich bei moj market eingemietet hatte. Dort stand er dann, trank sein Bier, rauchte seine Zigarette und schaute einem zu, wenn man den Laden betrat. Der Mann hatte langes, ziemlich ungepflegtes Haar und sein ganzes Äusseres sprach davon, dass er bestimmt mehr Zeit hier vor dem Laden verbrachte als zu Hause im Badezimmer.
Vor einigen Tagen habe ich festgestellt, dass moj market seine Regale geräumt hatte. Zu meinem erstaunen stand der Mann noch immer vor dem geschlossenen Supermarkt und sein Fahrrad stand neben dem Bankomaten der KBM. In der einen Hand eine Flasche Bier, in der anderen eine Zigarette.
Doch unterdessen ist der Mann verschwunden. In den letzten Tagen habe ich ihn dort nicht mehr gesehen.
Nun gibt es zum 2000 Quadratmeter grossen Einkaufszentrum Q’Landia nur noch eine Alternative für uns, die auch zu Fuss bequem erreichbar ist. Es ist dies ein etwas grösserer Kiosk, in welchem eine alte Frau wahrscheinlich seit Jahren Waren verkauft. Wollte man sich ausschliesslich von diesem Kiosk ernähren, dann gäbe es ausser Teigwaren und Reis kaum was zu futtern. Doch es gibt gute Gründe für mich, immer wieder in diesem Kiosk etwas einzukaufen. Die Verkäuferin kennt mich und Jurij bereits und letztes Mal hat mein Sohn, welcher bereits ein kleiner Charmeur ist, eine Banane geschenkt gekriegt. Einkaufen am Kiosk ist jedes Mal auch eine persönliche Begegnung die nicht durch das Piepsen der Scannermaschine gestört wird. Diese kleinen Einkaufsgeschichten sind es mir wert, dass ich anstelle der Bio-Vollmilch auch immer mal wieder eine langlebige UHT Milch vom Kiosk erstehe; einen Kühlschrank gibt es dort nämlich nicht.
Mittwoch, 21. September 2011
Entleichung am Balaton
Mit Boris war ich vergangenes Wochenende mit dem Fahrrad am Balatonsee in Westungarn. Die zwei Tage bleiben in unvergesslicher Erinnerung. Doch das ist eine andere Geschichte.
Auf der Halbinsel Tihany besuchten wir den Strànd (ausgesprochen wie Strònd und wohl eines der einfachsten Wörter in der ungarischen Sprache). Beim Betreten des Strànd konnte ich es mir nicht verwehren die Ordnung des von der Brillo GmbH. betriebenen Freibades zu lesen. Besonders spannend fand ich den Punkt sieben in der Ordnungsbeschreibung. Es ist zu hoffen dass es am Strànd von Tihany nicht allzu oft zu Entleichungsmassnahmen kommt.
Freitag, 16. September 2011
Stara Baska
An der Küste entlang schwimmend wechsle ich von einer Welt in die andere. Tauche unter, tauche tiefer und schwimme über die funkelnden Steine, die aussehen als leuchteten sie von innen heraus. Doch mein Atem gibt mir nur kleine Verschnaufspausen um diese Welt da unten zu bestaunen. Immer wieder muss ich nach oben, muss Luft holen, muss diese Grenze von oben und unten durchbrechen.
Die obere Welt scheint mir bekannt, scheint mir vertraut. Die untere Welt ist mir neu und ich scheue mich vor ihr. Sie fasziniert mich aber nur solange ich mich in dieser Übergangsphase von unten und oben befinde. Nur so lange wie ich sehen kann und wie die Geräusche von oben wie durch Watte auf mein Trommelfell treffen.
Oben und unten; mir wird bewusst wie sehr wir doch an diese Erde gebunden sind. Wir kleben auf der Kruste, wandern über sie, leben auf ihr und streben doch immer wieder von ihr Weg. Unsere Bemühungen sind auch immer nur von kurzer Dauer, denn schon bald kommen wir entweder von oben oder von unten in unsere Welt zurück.
Man braucht nur einzutauchen in die Welt da unten und man merkt; hier bin ich nicht zu Hause. Die Sorgen, Freuden und Probleme der Welt da oben verhallen hier ungehört. Das Leben hier unten kümmert sich nicht um die Finanzkrise oder um den Sturz eines Diktators. Die Zeit hat es auf seiner Seite. Sie misst sich nicht mit ihr.
Später gehe ich in die Berge um auf das Meer hinunter zu schauen. Die karge, schroffe, die durch und durch unwirtliche Landschaft empfängt mich im Vergleich zum Meer mit offenen Armen. Die Landschaft ist mir bekannt und ich liebe diese wohlriechenden Wüsten sehr. Überall durchziehen Mauern und Mauerreste die Landschaft wie Narben auf einer alten, runzligen Haut. Meine Schuhe bringen Steine ins Rollen und Steine scheuchen Schafe unter den wenigen, schattenspendenden Bäumen hervor. Sie rennen in der brütenden Sonne einige Meter weit, bleiben dann stehen und schauen mich fragend an.
Überall diese Mauern, scheinbar sinnlos stehen sie in der Landschaft. Wer hat sie errichtet und aus welchem Grund? Man sagte mir, dass hier früher blühende Gärten gewesen seien. Das kannst du dir heute nicht mehr vorstellen, was? Die Augen der alten Frau leuchten sanft. Nein, das kann ich mir nicht vorstellen. Geblieben sind also diese Mauern.
Später zu Hause, als ich mir eine Fotographie, die ich von den Mauern gemacht habe, etwas genauer anschaue erkenne ich in den langgezogenen Bauwerken das Bild eines spielenden Mädchens. Die Mauern, die das Geschöpf bilden, befinden sich auf einem Hügel, den ich noch nicht bewandert habe. Bei meinem nächsten Besuch in Stara Baska werde ich dorthin gehen.
Montag, 5. September 2011
Lendavske Gorice
Die Lendava Hügel werden bereits seit langer Zeit bewirtschaftet. Bereits vor 150 Jahren bauten sich Menschen aus der Ebene hier ihre „Wochenend-Häuschen“. Mindestens zwei Mal pro Jahr zog dann die ganze Familie, mit Huhn, Kuh und Kegel in die Hügel um das Land zu pflegen, zu bewirtschaften oder um die Ernte einzubringen. Dauerhaft gelebt hat man hier wohl kaum. Die Menschen in jener Zeit haben sich aus heutiger Sicht wunderschöne, kleine Häuschen gebaut. Häuser, die aus unseren Augen betrachtet, eine ländliche Idylle ausstrahlen, nach der wir uns irgendwie zurück sehnen, die wir aber nie mehr erreichen werden. Nur noch ein paar wenige dieser alten, traditionellen Häuser stehen heute in den Hügeln oberhalb Lendavas. Fast alle sind dem Zerfall nahe, benutzt werden vielleicht noch zwei. Die Mauern der Häuser bestehen aus einem Holzgerüst, welches man mit einer Mischung aus Lehm, Erde und Stroh ausfüllte. Das Dach bestand vollständig aus dick gebündeltem Schilf welches man am Balatonsee, rund 100 Kilometer östlich in Ungarn geschnitten hatte. Im Sommer musste es in diesen Häuschen angenehm kühl gewesen sein.
Janez erzählte, wie der nationale Denkmalschutz Sloweniens vor einigen Jahren die damals noch benutzten Häuschen unter seine Obhut gestellt hatte. Kurze Zeit später waren alle Häuser unebwohnt und begannen wirklich zu verfallen. Wie war das möglich? Der Denkmalschutz wollte alles so erhalten wie es war, man sollte die Häuser lediglich sanieren und durfte nichts vollständig erneuern. Auch wurde den Besitztern verboten, das Haus ihren Bedürfnissen entsprechend umzugestalten; zum Beispiel einen Weinkeller anzubauen. Die Folge davon war, dass die Häuser nicht mehr bewohnbar waren weil man ihnen den Sinn genommen hatte. Historisches historisch erhalten ohne daraus ein Museum zu machen ist wahrscheinlich ein Ding der Unmöglichkeit. Denn das Leben bleibt nicht stehen, es entwickelt sich weiter und strebt vorwärts. Die alten, unter Schutz stehenden Weinhäuser konnten mit Entwicklung nicht mithalten. Heute hat niemand mehr etwas von Ihnen, weder der Wanderer welcher einen Spaziergang in den Weinbergen geniesst, noch der Winzer welcher hier seinen Wein anbaut.
Die Häuschen, die heute in Lendavske Gorice gebaut werden sind weitaus simplerer Natur. Häufig bestehen sie aus einer unverputzten Backsteinmauer und wenn man Glück hat haben sie auch ein Ziegeldach. Zwar zieren nach wie vor Geranien die Fenstersimse dieser Häuser, die Idylle ist aber irgendwie verschwunden. Stil und bauliche Schönheit ist eine Frage des Geschmackes, ich weiss. Auch ist heute ewas schön und interessant, was morgen bereits als grosses Fragezeichen in der Landschaft steht. Mir scheint es aber doch, dass die Menschen früher ihrem Wohn- und Lebensort mehr Stil und Schönheit beschert haben. Ich kann mir schlicht nicht vorstellen, dass jemand unverputzte Backsteinmauern schön findet.
„Ma maison et mon château“, dieser Satz bleibt mir aus dem Französisch Unterricht wohl ein Leben lang im Gedächtnis. Ein Schloss definiert sich demnach nicht über seine Grösse oder seinen Umschwung, sondern rein dadurch, dass man es für sich zu einem Schloss macht. Hier lebe ich; nennt mich König, Kaiser, Fürst oder auch einfach bei meinem Vornamen. Das ist mein zu Hause und ich bin stolz darauf.
Donnerstag, 1. September 2011
Blatuša
Blatuša ist ein Dorf südöstlich von Karlovac, im Norden Kroatiens. Ein Gebiet das bis zu den Kriegsjahren ab 1991 auch von Serbinnen und Serben bewohnt wurde. Einige Dörfer waren gänzlich in serbischen Händen; so ein Dorf war Blatuša. Die Menschen mussten als einfache Bauern gearbeitet haben, davon zeugen die noch stehenden Holzhäuser und Ställe, die verstreut in der mal waldigen, mal von Wiesen durchsetzten Gegend stehen. Nach dem Krieg war die Gegend um einige Menschen ärmer. Die Häuser, die vormals von Serbinnen und Serben bewohnt waren, standen nun leer und begannen im Laufe der Jahre immer erbärmlicher auszusehen. Auch Blatuša lag viele Jahre lang verlassen da, die Besitzer der Häuser waren entweder verstorben oder seit Jahren in Serbien wohnhaft.
Vor drei Jahren hat Robert, das halbe Dorf aufgekauft. Mehrere alte Häuser und vor allem viel, viel Land. Dieses Land bewohnt er seither zusammen mit zehn anderen Menschen. Blatuša ist ein Laboratorium für „selbstverwaltetes“ Leben geworden. Robert, ein professioneller Musiker, der sich vorher weder für biologischen Landbau noch für Ökohäuser interessiert hatte, wurde innert kurzer Zeit zu einem Fachmann auf diesen Gebieten. Durchs Internet und durch Freunde hat er gelernt wie man mit einfachsten Mitteln Häuser bauen kann, die nicht viel kosten, aus 100% natürlichen Materialien bestehen und denen auch das oftmals rauhe Klima Nordkroatiens nichts anhaben kann. Häuser, gebaut aus Holz, Stroh und Lehm. Häuser, die in ihrer Form an Hobbithöhlen erinnern. Häuser, die eine gemütliche Wärme ausstrahlen und die man auf den ersten Blick gerne bewohnen würde. Bisher tun dies gut zehn Menschen. Roberts Idee ist, dass in der nächsten Zeit mehr und mehr Menschen sich der „Gemeinschaft“ anschliessen. Wer will kriegt bei Robert in Blatuša Land, Material und Wissen, damit man sich sein eigenes Haus bauen kann. Natürlich braucht es auch etwas Geld; ganz kostenlos ist das Bauen eines solchen Ökohauses nicht. Aber mit 1500 Euro hat man bestimmt ein bewohnbares Haus.
Die Lanschaft rund um den Ort Blatuša herum hat etwas magisches, märchenhaftes. Über einen Waldweg führt uns Robert zu einer Lichtung die leicht abfallend sich weit hinunter in ein Tal erstreckt. Die ganze Lichtung ist überwachsen mit Farn. Nur Farn, soweit das Auge reicht. „Hobbitland“, nennt Robert diesen Ort. Hier sollen einst Erdhäuser stehen, so wie man sie von den Hobbits her kennt. Mitten durch dieses Farn hindurch schreitet eine Gestalt, ein Buschmesser über die Schultern gehängt, in selbstgefertigten Lederhosen und Mokkasins, gleicht die kleine Gestalt mit den langen grauen Haaren und dem nicht minder langen Bart einem Zwerg, der im Lande der Hobbits untergekommen ist. Der Mann umarmt mich, lange, und lässt nicht los. Dabei nennt er seinen Namen; Akin. Und meint schliesslich: Willkommen zu Hause. Akin kommt aus Tschechien, doch seine fahrende Wohnung, ein umgebauter Bauwagen, erzählt davon, dass Akin dort zu Hause ist, wo er sich gerade aufhält. Während mindestens einem Monat wird sein zu Hause Blatuša sein. Dort findet im September das „Rainbow gathering“ statt. „Rainbow“.... Hier treffen sich „Hippies“ aus ganz Europa. Einige von ihnen fahren von einem „Rainbow“ zum nächsten. Leben mal in Portugal, mal in Spanien, Tschechien oder eben Kroatien. Was wird während eines „Rainbow gathering“ gemacht, will ich von Robert wissen. Die Antwort ist sehr unklar. Bei diesem „Rainbow“ gehe es ums Heilen, so viel habe ich verstanden. Robert will anscheinend die Energien in Blatuša wieder ins Lot bringen. So werden nun bald, dort wo vor 20 Jahren Menschen mit Maschinengewehren bestückt durch die Büsche schlichen, Tantra Seminare abgehalten und Erdhäuser gebaut werden. Blatuša ist diesem Wandel bestimmt dankbar.
Dienstag, 30. August 2011
Drug Tito
Die Kroaten machen kein grosses Aufsehen darüber, dass Tito in eben diesem Kumrovec vor 119 Jahren geboren wurde. Wären nicht die T-Shirts, Feuerzeuge und Postkarten mit dem Gesicht vom Mareshal im Souvenirladen zu erwerben und würde nicht die gusseiserne Statue des Oberpartisanen im Garten vor dem Häuschen stehen, man hätte keine Ahnung, dass in eben diesem Dorf der Mann zur Welt gekommen ist, der Jugoslawien während 36 Jahren führte und gestaltetet. Die Plakette, welche an Titos Geburtshaus befestigt ist trägt die Aufschrift: „Hier ist Freund Tito zur Welt gekommen“. Drug Tito, Freund Tito, ein Ausdruck den man in den Ländern des ehemaligen Jugoslawien öfters zu hören bekommt. Wahrscheinlich nicht ganz so oft in Kroatien und Serbien. In Bosnien-Hercegowina jedenfalls war der Ausdruck „Drug Tito“ noch geläufig. Titos Bild in der post-jugoslawischen Gesellchaft hat sich selbstverständlicherweise im Laufe der Jahre stark geändert. Zumal anzumerken ist, dass er auch während seiner Lebzeit innerhalb seines Landes nicht jedermanns Freund gewesen war. Bei seinem Tod im Jahre 1980 galten ihm aber die Sympathien ganz Jugoslawiens und wohl grossen Teilen der Welt. Zu seinem Begräbnis in Belgrad sind Dutzende von Staats- und Regierungschefs erschienen. Der Zug mit seinem Leichnahm, welcher von durch halb Jugoslawien nach Belgrad tarnsportiert wurde, begleiteten Tausende von Jugoslawinnen und Jugoslawen weinend am Schienenrand stehend. Der Tod des Freund Tito war eine Tragödie für eine ganze Gesellschaft. Bald nach dem Tod Titos wurden die Probleme innerhalb Jugoslawiens immer offensichtlicher. Finanziell völlig am Boden begann der Vielvölkerstaat auseinderzubrechen, Jahre bevor der Krieg in Slowenien, Kroatien und Bosnien-Hercegowina losging. Heute scheint Tito wohl nicht unschuldig für die Tragödie welche sich seit der Unabhängigkeit Sloweniens von Jugoslawien im Jahre 1991 abgespielt hat. Er war es schliesslich gewesen, der die Länder mit oftmals eiserner Hand zusammengehalten hat. Für ihn gab es keine andere Option als dieses Jugoslawien, dafür hat er gelebt und diesen Gedanken hat er auch mit in sein Grab nach Belgrad genommen. Ich habe mir übrigens sagen lassen, dass das Mausoleum von Freund Tito in Belgrad langsam am verkommen sei. Die Dauerwachen vor dem Grab hätten sich aufgelöst und man spekuliere bereits darüber, dass viele Serbinnen und Serben das Grab Titos lieber an einem anderen Ort sähen... Ob diese Gerüchte war sind, das weiss ich nicht. Klar ist: noch immer kommen Jahr für Jahr Toursiten nach Kumrovec um das kleine Haus zu sehen in welchem im Jahre 1892 der Freund Tito zur Welt gekommen ist. Mich hat der Besuch der Geburtsstätte irgendwie auch seltsam berührt...
Sonntag, 21. August 2011
Zurück in Maribor
Auf dem Weg zurück in die Schweiz haben wir eine Nacht am Lago Maggiore verbracht. Unterwegs bestaunten wir die alten Villlen am Strassenrand und stellten einmal mehr fest, wie stark die Espresso Qualität sich verbessert, kaum hat man die unbewachte Grenze überquert. Verblüffend! Bei Tageslicht fuhren wir dann weiter bis nach Como. Pintas erkannte in allen Ecken dieser Stadt seine Markierungen, welche er vor gut zwei Jahren auf der Wanderung dort hinterlassen hatte. Es war heiss und etwas verzweifelt suchten wir nach einem Badeplatz in der Stadt. Vergeblich. Schliesslich sprangen wir im Park der Villa Olmo ins erlösende Nass. Den Blicken der Passanten zu Folge, eine eher ungewöhnliche Wahl eines Badeplatzes. Die Nacht hindurch fuhren wir auf Italiens Autobahnen bis kurz vor Trieste. Bei Sonnenaufgang waren wir in Duino und bald darauf in Sistiana am Meer, zusammen mit hunderten anderen Badehungrigen. Kindheitserinnerungen kamen auf, Erinnerungen an überfüllte Strände, Badetuch an Badetuch und Sonnencrème die auf den ersten zehn Metern des Meeres als Ölfilm ihr Unwesen trieb. Jurij war sehr zufrieden, dass er seine Beine in die Jadrana halten durfte und wir genossen das Schwimmen im grossen Wasser.
Nun suchen wir wieder einen gewissen Alltag hier in Maribor. Bei mir wird sich bald herausstellen wie viel ich in Zukunft unterrichten kann. Zudem muss ich mich endlich einmal um das Erlernen des Slowenischen kümmern. Schliesslich habe ich bei meiner Geburtstagsfeier letzten März ein Versprechen abgelegt, dass ich in einem Jahr die Festansprache auf slowenisch halten werde...
Ende September steht die Balkanreise von begehbar auf dem Programm! Noch gibt es zwei freie Plätze!
Soweit aus Maribor. Seid herzlich gegrüsst!
Montag, 15. August 2011
Schweizer Sommer
Donnerstag, 7. Juli 2011
und auch natasa arbeitet wieder
bravo und weiter so!
Dienstag, 5. Juli 2011
Donnerstag, 2. Juni 2011
Geheimnisvoller Durmitor
Montag, 9. Mai 2011
Dürüm Dürüm
Die Reise von Slowenien in die Schweiz haben wir diesmal mit dem Auto unternommen. Da wir tagsüber gereist sind, habe ich zum ersten Mal bewusst wahrgenommen, wie diese „Autobahn-Landschaft“ quer durch Österreich und Deutschland überhaupt aussieht. Den Weg zwischen den zwei Heimaten habe ich bereits einmal zu Fuss abgeschritten. Damals brauchte ich von Bern bis an die slowenische Grenze ganze zwei Monate. Mit dem Auto schafft man diese Reise in 10 Stunden. Autobahn-Fahren ist schrecklich. Es ist ein Reisen ohne Atem, ohne Sinn. Denn wenn der einzige Sinn des Reisens derjenige ist irgendwo anzukommen, dann sollte man es besser sein lassen. Immerhin habe ich an einer Raststätte in der österreichischen Steiermark Bekanntschaft mit einem türkischen Fernfahrer gemacht. Seine kleine Küche im unteren Teil des Lastwagens war bezaubernd. Auf einem Gasherd kochte der Mann starken Schwarztee und an einem Bindfaden hingen Trockenwürste. All das passte irgendwie überhaupt nicht an diese Raststätte. Doch für mich war diese Begegnung ein Durchatmen. Das Bild des Teetrinkenden Fernfahrers durchbrach die Sterilität der Raststätten-Kultur und liess mich aufatmen. Der Mann war unterwegs nach Italien, dort würde er seinen Lastwagen aufs Schiff verladen und dann auf dem Seeweg in die Türkei fahren. Die Waren, die er geladen hatte, würde er später noch bis in den Irak bringen müssen. Dürum, Dürum, meinte er zum Abschied. Dürum, Dürum sagte ich, und nehme an, dass man sich dermassen auf türkisch verabschiedet.
Dienstag, 26. April 2011
Paloma
Übrigens: Die abgebildete Torte ist nicht zum Verzehr gedacht. Vielmehr ist sie ein Hilfsmittel für nach dem Verzehr jeglicher Torten. Sie war mein Geburtstagsgeschenk aus der Fabrik Paloma!
Sonntag, 10. April 2011
Pohorje
Mittwoch, 6. April 2011
Perspektivenwechsel
Samstag, 2. April 2011
Rollschuhlaufen
Mittwoch, 30. März 2011
Feier im Schloss Fala
Empfangen wurden wir alle im Eiskeller des Schlosses. Dies ist eine Art Pavillon, der sich am äussersten Rand des Schlossgartens befindet und in innerhalb dessen Mauern die Temperaturen auch im Sommer eine sehr angenehme Frische aufweisen. Der Butler Blaz liess uns wissen, dass in früheren Zeiten in diesem Pavillon Eisstücke bis in den August hinein aufbewahrt werden konnten. Das Eis wurde aus der Drava geholt welche damals im Winter noch über weite Stellen zufrieren konnte. Heute hat dieser altertümliche Eiskeller seine Funktion verloren und auch die Drava friert nicht mehr zu genau so wenig wie die Flösser auf ihren langen Schiffen von Maribor in Richtung Belgrad und später bis ins Schwarze Meer fahren; alle paar Kilometer staut die Mauer eines Elektrizitätswerkes den Lauf der Drava. Der Eiskeller vermochte jedoch den Aperitif-Schnaps auf eine angenehme Temperatur runter zu kühlen und man genehmigte sich das ein oder andere Gläschen.
Im Schloss selber wurden wir anschliessend vom Grafen persönlich empfangen, der uns in seiner schwarzen Robe durch seine Gemächer führte. Die Räume des Wohntrackts des Schlosses Fala sind eine wahre Fundgrube für Spürnasen. Überall liegen, hängen und stehen alte Objekte, eine angebrannte Zigarre liegt auf dem Tisch, daneben ein alter Revolver, irgendwelche vergilbte Fotografien liegen verstreut auf dem Nachttisch neben dem schweren dunklen Holzbett, ein Hemd hängt zerknittert über einem Stuhl, gerade so, als hätte sich jemand eben erst aus dem Bett geschlichen und unauffällig das Weite gesucht. Was hier in Fala gelebte Realität und was nur Spiel ist lässt sich schwerlich sagen. Man ist geneigt zu glauben, der Graf Milan Slavic lebe wirklich so, umgeben von all diesen alten, scheinbar nutzlosen Dingen, alleine mit seinem Butler in diesem Schloss an der Drava mit seinen Dutzenden von Zimmern und der Unzahl an Kellerräumen, welche sich tief unter dem Schloss Labyrinth ähnlich ausdehnen. Das Nachtessen bei Kerzenlicht im Roten Saal liess nichts zu wünschen übrig. Alles aus dem Holzofen der Schlossküche, zubereitet von den Köchen des Schlosses Fala.
Es war definitiv eine andere Welt, welche uns später im Jazzclub Sachmo in Maribor erwartete, in welchem wir das Fest in Ruhe ausklingen liessen.
Ich bin sehr glücklich darüber, dass so viele Freunde den Weg nach Fala gefunden haben. Aus der Schweiz Flo, Johanne, Cynthia und natürlich auch der Mitbegründer der gehcrew, mein lieber Freund dan. Aus Sarajevo ist Boris angereist, im Gepäck eine grosse Packung bosnischen Kaffees und eine Kiste der wohl besten Ratluks, die es zur Zeit in der bosnisch-hercegowinischen Hauptstadt zu finden gibt. Natürlich sind auch aus Maribor zahlreiche Freunde ans Fest gekommen. All Ihnen ein herzliches Dankeschön!
Montag, 21. März 2011
Blick nach innen
„Bei deiner Geburt warst du ohne Gedanken. Nimm diese Wahrheit so tief wie möglich in dein Herz auf, denn dann öffnet sich dir eine Tür. Wenn man ohne Gedanken geboren ist, dann ist das Denken ein Produkt der Gesellschaft. Die Existenz geht dem Denken voraus.“
Osho
Montag, 14. März 2011
Samstag, 12. März 2011
Im richtigen Licht
Sonntag, 6. März 2011
Starkes Wasser
Kürzlich haben Natasa und ich unweit von unserem Haus einen Mann angetroffen, der einfach so auf der Wiese zusammengesunken ist. Die Erde und das Gras waren an diesem Tag feucht, dementsprechend schmutzig auch die gepflegte Lederjacke des älteren Herren. Als wir zu diesem Mann hingeeilt um ihm wieder auf die Beine zu helfen, sind wir zuerst erschrocken, denn er war überhaupt nicht ansprechbar. Bald einmal war uns jedoch der Grund des Zustandes des älteren Herren klar; denn eine unverkennbare Weinfahne entstieg dem Munde des Mannes, welche, in den späten Vormittagsstunden, bereits auf das ein oder andere Gläschen schliessen liess. In seiner Jackentasche fanden wir schliesslich auch einen Personalausweis, welcher uns erlaubte, den Mann zu seiner Wohnung zu begleiten (in Slowenien steht auf dem Personalausweis auch die Wohnadresse). Vor seinem Haus angekommen, wollte der Mann aber partout nicht zulassen, dass wir ihn bis zu seiner Wohnung im dritten Stock begleiten würden. Dies erschien uns wiederum jedoch unakzeptabel, konnte er sich doch kaum auf den Beinen halten und wäre mit grösster Wahrscheinlichkeit kaum die Treppen alleine hochgestiegen. So blieb uns nichts anderes anderes übrig, als beim Nachbarn zu klingeln. Dieser schien den älteren Mann gut zu kennen und gemeinsam nahmen sie dann die wenigen Tritte bis zur Wohnungstür in Angriff.
Ein übermässiger Alkoholkonsum ist in Slowenien keine Seltenheit. Sloweninnen und Slowenen gönnen sich gern einmal ein Gläschen über den Durst und das Trinken des gegärten Traubensaftes kann hierzulande bereits als fester Bestandteil des kulturellen Lebens bezeichnet werden.
Zusammen mit meinem Vater habe ich letzten Sonntag die Weinkeller unterhalb des Freiheitsplatzes in Maribor besichtigt. Dieses weitverzweigte Netz an Weinkellern gehört zu den grössten europaweit. Während der Zeit des sozialistischen Jugoslawien wurden hier jährlich 15 Millionen Liter Wein hergestellt und gelagert. Diese Mengen war deshalb astronomisch gross weil es keine privaten Weinproduzenten gab. Die ganze Herstellung war eine staatliche Angelegenheit und zur Erreichung dieser Menge wurden sogar Trauben aus Mazedonien nach Maribor gebracht. Heute stehen die riesenhaften Eichen-Weinfässer nur noch als Kunstobjekt in den Kellern. Die 800'000 Liter Wein, die letztes Jahr in den Weinkellern in Maribor produziert wurden, werden allesamt in Metallfässern gelagert.
Alkohol scheint auch in unserem Wohnblock ein Thema zu sein. Jedenfalls muss es hier irgendwo einen Whisky Liebhaber geben...