Mittwoch, 28. September 2011

Moj market


Bild: Nicht der erwähnte moj market sondern ein seit längerer Zeit geschlossener Laden an der Ruska Cesta. Diese Strasse ist bekannt dafür, dass hier viele Roma leben. Anscheinend werden sie nicht von allen sehr geschätzt...


Er war nicht moj market – mein Supermarkt. Aber es war ein Laden, welcher zu Fuss in wenigen Minuten von unserer Wohnung aus erreichbar war. Es war ein Supermarkt der besonderen Art. Einer jener Vertreter, bei welchen man den Untergang fühlt, gleich nachdem man den ersten Schritt in den Laden hinter sich hat. Gross in der Fläche war das Angebot dermassen klein, dass man das ganze Sortiment problemlos auf die grösse eines mittleren Kiosk hätte reduizieren können. Deshalb standen dann die Orangensäfte, von welchen es eine einizige Sorte gab, in meterlangen Reihen auf den Gestellen und füllten mit ihrer Präsenz eine ganze Wand aus. Nahm man einen Saft aus dem Regal, dann klaffte an dieser Stelle wo eben noch der Saft gestanden hatte, eine Lücke im Gestell, die an eine Zahnlücke im Gebiss eines Menschen erinnerte. Moj market war dem Untergang geweiht, man wusste es.
Ein Freund aus Maribor hat mir erzählt, dass er mehrere solche Supermärkte kennt. Läden die unmöglich funktionieren können, die zu 100% den Gesetzen des erfolgreichen Marktes wiedersprächen. Läden in welchen Produkte verkauft würden, die niemand kaufen wolle und in welchen die Deckenbeleuchtung dermassen auf Sparflamme gehalten würde, als wolle man so wenig Kosten wie nur möglich mit diesem Laden generieren. Die Frage kommt auf, ob diese Läden bewusst so gehalten werden. Die Frage kommt auf, ob es vielleicht nicht Sinn und Zweck dieser Läden sei, Produkte zu verkaufen sondern viel mehr als Laden zu existieren. Freilich, Sinn macht das Ganze nicht. So wenig Sinn wie der Laden als Laden selbst.

Doch da gibt es auch noch die andere Geschichte von moj market. Es ist die Geschichte eines Mannes, den ich jedes einzelne Mal beim erneuten Versuch vielleicht doch etwas Sinnvolles in eben diesem Supermarkt zu finden, vor dem Geschäft angetroffen habe. Dort stand er vor der Glaswand des Supermarktes, in der einen Hand eine Flasche Bier, in der anderen eine Zigarette. Sein Fahrrad lehnte an der Wand, direkt neben dem Bankomaten der KBM, der sich bei moj market eingemietet hatte. Dort stand er dann, trank sein Bier, rauchte seine Zigarette und schaute einem zu, wenn man den Laden betrat. Der Mann hatte langes, ziemlich ungepflegtes Haar und sein ganzes Äusseres sprach davon, dass er bestimmt mehr Zeit hier vor dem Laden verbrachte als zu Hause im Badezimmer.

Vor einigen Tagen habe ich festgestellt, dass moj market seine Regale geräumt hatte. Zu meinem erstaunen stand der Mann noch immer vor dem geschlossenen Supermarkt und sein Fahrrad stand neben dem Bankomaten der KBM. In der einen Hand eine Flasche Bier, in der anderen eine Zigarette.
Doch unterdessen ist der Mann verschwunden. In den letzten Tagen habe ich ihn dort nicht mehr gesehen.

Nun gibt es zum 2000 Quadratmeter grossen Einkaufszentrum Q’Landia nur noch eine Alternative für uns, die auch zu Fuss bequem erreichbar ist. Es ist dies ein etwas grösserer Kiosk, in welchem eine alte Frau wahrscheinlich seit Jahren Waren verkauft. Wollte man sich ausschliesslich von diesem Kiosk ernähren, dann gäbe es ausser Teigwaren und Reis kaum was zu futtern. Doch es gibt gute Gründe für mich, immer wieder in diesem Kiosk etwas einzukaufen. Die Verkäuferin kennt mich und Jurij bereits und letztes Mal hat mein Sohn, welcher bereits ein kleiner Charmeur ist, eine Banane geschenkt gekriegt. Einkaufen am Kiosk ist jedes Mal auch eine persönliche Begegnung die nicht durch das Piepsen der Scannermaschine gestört wird. Diese kleinen Einkaufsgeschichten sind es mir wert, dass ich anstelle der Bio-Vollmilch auch immer mal wieder eine langlebige UHT Milch vom Kiosk erstehe; einen Kühlschrank gibt es dort nämlich nicht.

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