Donnerstag, 11. März 2010

Auge in Auge

Letztes Wochenende war die Familie von Natasa auf Besuch in Maribor. Natasas Schwester Alenka und ihr Mann Istok haben zwei Kinder, Gaja und Alijaz. Gemeinsam besuchten wir alle am Nachmittag das Aquarium und Vivarium im Stadtpark von Maribor. Ich, der eine unglaubliche Angst vor Schlangen besitze, habe noch nie in meinem Leben so viele und so grosse Schlangen aus nächster Nähe gesehen. Da sonnten sich hinter einer Glasscheibe beispielsweise fünf Python Schlangen im täglich gleichen künstlichen Licht. Oder da waren die zwei Krokodile, die sich gemeinsam mit einigen Langhalsschildkröten ein kleines Terrarium teilen mussten. Ihre Augenlieder öffneten sich nur gerade im Zeitlupen Tempo.

Im Terrarium in Maribor wurde ich irgendwie zurück in meine Kindheit versetzt. Nebst dem Tiergeruch, der wohl in allen solchen Anstalten ein ähnlicher sein wird, erschien mir die Einrichtung an sich, wie ein Relikt aus vergangenen Zeiten.
Hier sind Tiere noch ein reines Anschauungsobjekt. Sie werden wie Bilder in einem Museum den Besuchern vorgeführt. Ihre Rolle spielen sie dabei ausgezeichnet, habe ich doch keines dieser Viecher gesehen, wie es eine ruckartige Bewegung ausgeführt hat. Alles verläuft wie in Zeitlupe.
Vielleicht ist das Terrarium in Maribor mit unserem alten Bärengraben zu vergleichen. Dort waren die Mutzen auch den ewigen Blicken der Besucher ausgestellt. Ihr Lebenszweck war ein sich zur Schau stellen. Ich habe den neuen Bärenpark noch nicht gesehen, aber ich kann mir vorstellen, dass die Bären dort einiges an versteckten Plätzen finden werden. Das ist auch gut so.

Im Lehrerseminar haben wir in einer Schulstunde einmal über einen australischen Philosophen gesprochen, dessen Name ich nun leider vergessen habe. Er war ein radikaler Vegetarier und verzichtete demenstprechend auch auf das Tragen jeglichen Leders. Seine Aussage war unter anderem folgende: Als man gegen Ende des 18. Jahrhunderts in den Vereinigten Staaten die Sklaverei abszuschaffen begann, gab es dort noch zahlreiche Menschen, welche genau diese Sklaverei als eine natürliche und unabänderliche Sache angesehen haben. Heute wird es kaum mehr einen Menschen geben, der sich öffentlich für die damalige Form der Sklaverei aussprechen würde. Der Philosoph war weiter der Auffassung, dass sich unsere heutige Beziehung zu Tieren in den nächsten Jahrzehnten radikal ändern werde. Zeigte man demnach einen Menschen in Hundert Jahren Bilder aus dem Terrarium in Maribor, so werde man dann kaum glauben können, wie miserabel man vor langer Zeit Tiere in Käfige und Aquarien eingesperrt habe.
Inwiefern der Bärenpark in Bern, aus den Augen dieses australischen Philosophen betrachtet, ein besseres Verdikt hervorrufen würde, kann ich nicht sagen.

So sende ich dem Dälhölzli Tierpark die besten Wünsche und Grüsse aus den Terrarien und Aquarien zu Maribor.










Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen